Wer bist du? Die Antwort wird dich entsetzen

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Fun Fact. Der italienische Horrorstreifen Chi sei?, ein kruder Mix aus The Exorcist und Rosemary’s Baby, lief 1975 in den deutschen Kinos unter dem (korrekt übersetzten) Titel Wer bist du? Kurioserweise wurde der Film mit einem Slogan versehen, der frappierend an heutige Clickbait-Links erinnert: Die Antwort wird Dich entsetzen. Oben sieht man das deutsche Kinoposter.

Später auf VHS stand der Film unter dem reißerischen Titel Vom Satan gezeugt in den Videotheken.

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Einige Jahre danach wärmte die DVD-Veröffentlichung den alten Clickbait-Titel wieder auf, hielt aber auch am plakativen Satan fest. Da ist ein bischen zu viel „Entsetzen“ auf dem Cover.

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Zu allen Überfluss erschien die gleiche DVD später nochmals unter den englischen Titeln Beyond the Door und The Devil within her. Soviel zum Titel-Wahnsinn.

Ebenfalls erwähnenswert ist die deutsche Synchronisation dieses Films, die sich, wie üblich für die 70er Jahre, kaum am Original orientiert. Sprüche wie„Eins sage ich dir. Wenn ich groß bin, gehe ich ran wie eine Hafennutte!“ werden hier einem 10-jährigen Mädchen in den Mund gelegt.

Im folgenden Video hat jemand ein paar Kracher dieser Güte gesammelt:

Thomas Danneberg, unverkennbar, spricht den Vater und der kleine Ken wird von Oliver Rohrbeck gesprochen, der hier fast schon so klingt, wie ein paar Jahre später als Justus  Jonas in Die drei ???. Wer seine Schwester spricht ist leider nicht bekannt. Es würde mich schon interessieren, wen man mit diesem Job betraut belästigt hat.

An dieser Stelle bin ich zwiegespalten. Auf der einen Seite halte ich grundsätzlich nicht viel von Synchronisationen, aber wie man an diesem Beispiel schön sieht, erhalten maue Filme durch die gute alte deutsche Witz-Synchro definitiv einen zusätzlichen Unterhaltungswert.

Äußerst hörenswert, und das ganz ironiefrei, ist der coole Jazz-Funk-Soundtrack von Franco Micalizzi. Fast zu gut für diesen Film. Aber das ist ja keine Seltenheit im italienischen Genrekino.

Youtube-Kanal: Screened

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Meine heutige Empfehlung ist der Youtube-Kanal Screened. In jedem der Videos beschäftigen sich die zwei Betreiber des Kanals mit einem bestimmten Aspekt des filmischen Geschichtenerzählens. Dabei analysieren sie Filme, Genres, bestimmte Szenen oder andere filmische Themengebiete und schauen, was warum wie funktioniert. Dazu werden nicht einfach technische Details runtergerattert, sondern man bedient sich einer essayistischen Erzählweise, um den Zuschauer an das Themenkonzept heranzuführen. Die Videos sind nicht nur inhaltlich äußerst interessant, sondern gewinnen dadurch auch eine, ich nenne es mal: literarische Qualität.

Meine Empfehlungen für den Einstieg sind Why Cosmic Horror is Hard To Make, über das Problem kosmischen Horror im Film umzusetzen, The Haunting of Hill House – How To Use Long Takes, über die atemberaubenden langen Kamerafahrten ohne Schnitt in der poetischen Netflix-Gruselserie (siehe meine Empfehlung hier) und The Twilight Zone – What Do We Fear?, über die universellen Angstmotive in der originalen Twilight-Zone-Serie der 1950er Jahre.

Versteckter Trash bei Amazon Video

Kürzlich ist mir zufällig aufgefallen, dass man auf Amazon Video Prime eine nicht unerhebliche Anzahl von Action-, Horror- und Eastern-Trash entdecken kann, der nur im englischen Original-Ton verfügbar ist. Scheinbar hat Amazon ein größeres Lizenzpaket von der Resterampe erworben. Darunter befinden sich obskure Kung-Fu-Klopper wie Fearleass Fighters von 1971, Troma-Filme und moderner Lowest-Budget-Horrorkäse.

Ich finde das sehr begrüßenswert, denn sich da durch zu klicken, kann sehr unterhaltsam sein. Leider gibt es auch zwei Haken:

1. Diese Filme zu finden, erweist sich als Geduldsspiel, da keine eigenen Rubriken für diese Art von Filmen existieren. Die asiatischen Martial-Arts- und Action-Streifen sind beispielsweise einfach unter Action & Abenteuer abgelegt. Man kann also nicht einfach mal eben so durchzappen.

2. Die Qualität schwankt und ist teilweise unansehnlich schlecht. So etwas Verwaschenes und Unscharfes wie Iron Angels 3, hätte ich mir nicht mal zu VHS-Zeiten angetan.

 

Bei meinem Trip durch den Amazon-Untergrund bin ich auch auf vier Dokumentationen gestoßen, die ich noch erwähnen will.

VHS Massacre: Cult Films and the Decline of Physical Media

Ein Blick auf das Verschwinden der physischen Medien, hier speziell VHS, und die Auswirkungen auf Indie- und Kultfilme.

 

Monster Madness: The Gothic Revival of Horror

Eine Doku über die Horrorfilme der Hammer-Filmstudios. Neben den obligatorischen Trailern und Clips, enthält die Doku interessante Interviews aus den 1990er Jahren.

 

Christopher Lee – A Legacy of Horror and Terror

Passend zur Hammer-Dokumentation. Hierbei handelt es sich um einen Mitschnitt von Christopher Lees Auftritt auf der Monster Rally convention in Crystal City, 1999.

 

Pulp Fiction: The Golden Age of Storytelling

Eine Dokumentation über Pulp Fiction. Nein, nicht Tarantinos Film, sondern die guten alten Romanhefte sind gemeint. Mit 50 Minuten etwas kurz, aber insgesamt ein guter Überblick mit Statements von Veteranen einschließlich Ray Bradbury, der ebenfalls als Pulp-Autor seine Karriere begann.

Engineer Guy

Ein faszinierender Youtube-Kanal ist der von Engineer Guy Bill Hammack von der Universität in Illinois. Der Mann erklärt visuell sehr anschaulich Meilensteine der Ingenieurskunst, und zwar vorwiegend die, die sich in Alltagsobjekten versteckt. In einem seiner letzten Videos beispielsweise, zeigt er wie ein klassischer Filmprojektor funktioniert. Dass in dem Kasten ein Filmstreifen vor eine Linse entlangläuft, weiß jeder, aber die Mechanik dahinter ist doch komplexer und ziemlich clever. Weitere Videos zeigen das geniale Design der Alu-Getränkedose, wie eine Atomuhr oder ein CCD-Sensor in der Digitalkamera funktioniert, oder warum Erfindungen wie Sonys Betamax und das Bildtelefon von Bell (1964!) gefloppt sind. Wer sich für technische Errungenschaften interessiert und wenn das technische Englisch nicht schreckt, rein schauen.

Musik: Das frivole Burgfräulein – Schulmilch-Report

Das frivole Burgfräulein hat ein neues Video draußen. Der Song nennt sich Schulmilch-Report und ist auf der letzten EP Urlaubs​-​Report aus den Punkrock Single​-​Charts zu finden. Das Video wurde in einer Schule in Guatemala gedreht. Wie die Verbindung von einer Bonner Punk-Band dorthin zustande kommt, das weiß ich auch nicht. Ist aber auch nicht so wichtig, denn das Video ist ganz entzückend – und irgendeine berühmte Luchadora (Wrestlerin) aus Mexiko spielt auch noch mit. Also, Film ab.