Mehr 80er geht nicht

Break the Ice von John Farnham ist Teil des Soundtracks zu Rad (1986), der neben dem hierzulande bekannteren BMX Bandits (1983) der zweite große BMX-Filmklassiker ist. Im Gegensatz zu BMX Bandits hat es Rad nie nach Deutschland geschafft. Dabei hätte sich der englische Titel doch so schön für ein deutsches Wortspiel geeignet: BMX-Räd oder so ähnlich. BMX Bandits war bei uns zumindest ein kleiner Videotheken-Hit und wer bis dahin noch kein BMX-Bike hatte, setzte spätestens nach dem Film eines auf seine Wunschliste.

Im Vergleich ist Rad der etwas ernstere Film für eine ältere Zielgruppe, wohingegen BMX Bandits mit seinem Action-Klamauk auf Jüngere zugeschnitten ist. Was BMX Bandits fehlt, ist der große Soundtrack. Wo Rad die Kracher von John Farnham, Beat Farmers, Hubert Kah (Get Strange) und Real Life (Send me an Angel in einer absurden BMX-Tanzszene) auffährt, bietet BMX Bandits außer I’m ready to Fly von den Papers wenig, das hängenbleibt. Den kompletten Rad-Soundtrack kann man sich hier anhören.

Unbekanntes französisches Lied über James Bond

In der Arte-Dokumentation Sean Connery vs James Bond ist ein kurzer Ausschnitt eines niedlichen Songs über James Bond zu sehen und zu hören, vorgetragen von einer Sängerin in schickem Cord-Jackett und einer Band mit zu vielen Saiteninstrumenten für die simple Melodie. Ich habe versucht herauszufinden, um wen es sich handelt. Ohne Erfolg. Damit der Clip erhalten bleibt, wenn Arte die Doku offline nimmt, habe ich den Clip auf Youtube hochgeladen.

Le silence de la nuit
Tcham chai la
et trois coups de fusil.
Tcham chai la
En moins d’une seconde.
C’est James Bond.

Content-ID von Youtube zeigt nichts an. Das heißt, das Lied ist in keiner Datenbank für Verwertungsrechte enthalten. Eine Bildsuche blieb genauso erfolglos wie eine Suche nach dem Text oder eine Suche in den online zugänglichen Teilen von historischen Videoarchiven. Ich habe natürlich auch direkt an Arte geschrieben, aber bisher keine Antwort erhalten. Vielleicht haben die selbst Probleme herauszufinden, woher das Video stammt. Solange niemand den Ursprung des Videos kennt, bleibt die beste Chance wohl, dass jemand die Sängerin erkennt. Falls jemand eine Idee hat, würde ich mich über einen Kommentar freuen.

Kraftfuttermischwerk – Es macht auch wirklich keiner mit!

Nach über zehn Jahren Pause hat das Kraftfuttermischwerk ein neues Album veröffentlicht. Damit lässt sich das neue Jahr entspannt angehen. Sehr schöne Sache und löblicherweise auch unter eine Creative-Commons-Lizenz gestellt. Hören und downloaden kann man das Werk auf Bandcamp. Vinyl gab es auch, war aber ruckzuck ausverkauft. Weitere Informationen findet man im Kraftfuttermischwerk-Blog.

Fast ohne Kosten und Mühen wurde noch ein herrlich lümmeliges Video zum Titeltrack auf den digitalen Speicher gebannt. Ich weiß auch gar nicht, warum wirklich keiner mitmacht. Also, ich mach mit.

Everybody’s Going To Die

Das Wochende kann man kaum besser einläuten, als mit einem neuen Album von Church of the Cosmic Skull. Die Brüder und Schwestern der kosmischen Schädelkirche kredenzen zum dritten Mal einen himmlisch-höllischen Reigen aus wundervollen  Gesangsharmonien, pointierten Gitarrensoli und explosivem Hammond-Georgel, der sofort in die Birne geht. Und in die Beine. Der Fuß muss wippen. Die ganze theatralische Großkunst erinnert nicht von ungefähr an 70er Helden des Prog-Rock und Pop. Queen, Fleetwood Mac, Thin Lizzy, ELO und vielleicht sogar Abba sagen hallo.

Die Band selbst bezeichnet sich als spirituelle Organisation. Ob das erst gemeint ist oder augenzwinkernd, man weiß es nicht. Die Botschaft kann jedenfalls runtergebrochen werden auf: Lass dir nichts vom Pferd erzählen und lass dir keine Steine in den Weg legen. Feiere das Leben und die Liebe, denn der Tod wartet schon an der nächsten Ecke. Und bevor es soweit ist, lasst uns alle noch mal zusammenkommen.

Da ist stehts dieses Wechselspiel zwischen erhebenden Momenten und dem dräuenden Ende. Aber nicht fatalistisch, sondern im Sinne der Akzeptanz. Das klingt ein wenig nach thelemischer Lehre mit einer Priese aufklärerischen Anspruchs. In diesem Sinne: Everybody’s going to die.

Wer bist du? Die Antwort wird dich entsetzen

wer_bist_du

Fun Fact. Der italienische Horrorstreifen Chi sei?, ein kruder Mix aus The Exorcist und Rosemary’s Baby, lief 1975 in den deutschen Kinos unter dem (korrekt übersetzten) Titel Wer bist du? Kurioserweise wurde der Film mit einem Slogan versehen, der frappierend an heutige Clickbait-Links erinnert: Die Antwort wird Dich entsetzen. Oben sieht man das deutsche Kinoposter.

Später auf VHS stand der Film unter dem reißerischen Titel Vom Satan gezeugt in den Videotheken.

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Einige Jahre danach wärmte die DVD-Veröffentlichung den alten Clickbait-Titel wieder auf, hielt aber auch am plakativen Satan fest. Da ist ein bischen zu viel „Entsetzen“ auf dem Cover.

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Zu allen Überfluss erschien die gleiche DVD später nochmals unter den englischen Titeln Beyond the Door und The Devil within her. Soviel zum Titel-Wahnsinn.

Ebenfalls erwähnenswert ist die deutsche Synchronisation dieses Films, die sich, wie üblich für die 70er Jahre, kaum am Original orientiert. Sprüche wie„Eins sage ich dir. Wenn ich groß bin, gehe ich ran wie eine Hafennutte!“ werden hier einem 10-jährigen Mädchen in den Mund gelegt.

Im folgenden Video hat jemand ein paar Kracher dieser Güte gesammelt:

Thomas Danneberg, unverkennbar, spricht den Vater und der kleine Ken wird von Oliver Rohrbeck gesprochen, der hier fast schon so klingt, wie ein paar Jahre später als Justus  Jonas in Die drei ???. Wer seine Schwester spricht ist leider nicht bekannt. Es würde mich schon interessieren, wen man mit diesem Job betraut belästigt hat.

An dieser Stelle bin ich zwiegespalten. Auf der einen Seite halte ich grundsätzlich nicht viel von Synchronisationen, aber wie man an diesem Beispiel schön sieht, erhalten maue Filme durch die gute alte deutsche Witz-Synchro definitiv einen zusätzlichen Unterhaltungswert.

Äußerst hörenswert, und das ganz ironiefrei, ist der coole Jazz-Funk-Soundtrack von Franco Micalizzi. Fast zu gut für diesen Film. Aber das ist ja keine Seltenheit im italienischen Genrekino.

Obsession und die 80er Jahre Retrowelle

Das Video zum Song Obsession der amerikanischen Indie-Band Joywave zaubert mir durchgängig ein Grinsen ins Gesicht. Die Band – oder die Produzenten; ich bin mir nicht ganz sicher, wer wieviel Anteil an dem Video und der Idee besitzt – hat für das 3-minütige Video sage und schreibe 64 verschiedene von B-Filmen aus den 1980er Jahren inspirierte Titel und Titelszenen kreiert. Manche blitzen nur für einen kurzen Moment auf, andere dauern mehrere Sekunden. Man muss auf jeden Fall genau hinsehen.

Bei einigen Titeln ist die Quelle offensichtlich (z.B. Red Puma <=> Red Sonja), bei anderen weniger. Mitunter greifen die Titel auch nur die gängigen Klischees auf. Gerade im B-Film waren viele Filme, Titel und Themen ja völlig austauschbar. Dem Video gelingt es jedenfalls sehr gut, den typischen 80er Film-Vibe über diese in kurzer Frequenz abgefeuerten collageähnlichen Vignetten zu transportieren. Und – das muss auch gesagt werden – der Song ist eine richtig geschmeidige Nummer, die klanglich sehr gut in die Ära passt. Um das Konzept letztlich perfekt zu machen, wurde das komplette Video auf gutem alten Kodak-Filmmaterial gedreht.

Zur Übersicht hier alle 64 Filmtitel aus dem Video.

obsession_collage

Gedanken zur 80er Retrowelle

Im Folgenden geht es nicht darum, dass immer noch viele Menschen gerne ihre Musik aus den 80ern hören oder dass Thomas Gottschalk regelmäßig eine Retroshow mit den immer gleichen Nasen im Fernsehen moderiert. Es geht auch nicht um Filme oder Musik, die irgendwie etwas aus den 80ern zitieren, covern oder remaken, denn das gab es schon immer. Ich rede von einer nostalgisch geprägten Retrowelle, deren vagen Ausgangspunkt ich 2011 am Film Super 8 von J.J. Abrams festzumachen glaube. Super 8 war der erste Film, der dieses wohlige Nostalgiegefühl weckte und den Zuschauer an 80er Jahre Filmklassiker wie Stand by me und The Goonies erinnerte. Im gleichen Jahr erschien der inhaltlich völlig gegensätzliche Drive von Nicolas Winding Refn, der, obwohl in der Gegenwart spielend, vom Design über den Stil bis insbesondere hin zum Soundtrack knallige 80er Jahre Atmosphäre verströmte.

Kurz darauf traten verstärkt Synthwave-Bands in Erscheinung – ich wage zu behaupten, das kann kein Zufall sein – die den alten Helden aus den 80ern nacheiferten, aber auch neue Akzente setzten und so ziemlich schnell populär wurden. Das dürfte auch dem Fakt geschuldet gewesen sein, dass diese Bands nicht einfach wie die 80er Jahre Hitparade klangen, sondern mit dem Einfluss von Film- und Videospielsoundtracks auch ein gewisses Nerdtum bedienten. So bin auch ich auf Bands wie Gunship, Carpenter Brut (alleine dieser Name!) und Power Glove aufmerksam geworden.

Filmisch wird es nun interessant. 2015 erschien der furiose Kurzfilm Kungfury, der bis heute über 30 Millionen Aufrufe auf Youtube hat. Das dazugehörige Musikvideo von David Hasselhoff kommt gar auf 40 Millionen. Man könnte an dieser Stelle auch Turbo Kid nennen. Der passt zeitlich gut hier hin und scheint irgendwie auch ein Teil dieser Retrowelle zu sein, aber die Steinbruch-Optik und die übertriebenen Splatter-Effekte fallen aus der Reihe und erinnern mich eher an japanische Filme der 2000er (sowas wie Machine Girl und Tokyo Gore Police kommt mir in den Sinn).

Ende 2015 veröffentlichte Amazon die wundervolle Serie Red Oaks, die wie eine perfekte Mischung aus Breakfast Club und American Pie anmutet. Auch spielt hier der Soundtrack eine große Rolle. Statt der ganz bekannten Nummern, werden hier überwiegend Songs gespielt, die man zwar irgendwie kennt, aber oft nicht direkt zuordnen kann. Dazu mischen sich neue Retrosongs, die sich nahtlos in den musikalischen Strom einfügen und so zumindest bei mir ständig zur Frage führten, ob das nun ein echter 80er Song oder doch was Neues ist, was da gerade im Hintergrund läuft.

Im folgenden Jahr ließ schließlich Stranger Things die Welle endgültig bis in den Mainstream schwappen. Hierzu gibt es wenig zu sagen. Der Erfolg und der darauffolgende Trend spricht für sich. Plötzlich sah ich Neonlicht und hörte Synthieklänge überall. Serien, Filme, Musikvideos, Werbung, Comics. Irgendwie schien jeder vom Stranger-Things-Hype profitieren zu wollen.

Zwei Jahre später kam Blade Runner 2049 ins Kino. Die Fortsetzung zu einem, wenn nicht dem ikonischsten Neonlichtfilm der 80er Jahre. Und seltsamerweise wurde der Film mit dem Erwerb der Filmrechte bereits 2011 angekündigt, in dem Jahr also als Super 8 rauskam.

Die Retrowelle erlangte schließlich mit Ready Player One einen meines Erachtens exzessiven Höhepunkt. Dieser Film ist die Kulmination und Akkumulation aller popkulturellen Referenzen der 80er Jahre. Der Roman, auf dem der Film basiert, wurde, welch Überraschung, im Jahr 2011 veröffentlicht.

Die Frage ist, wie lange wird der Trend anhalten? Wird die Kreativität über das banale Nacheifern siegen? Mitunter sehe ich bereits 80er Referenzen, die unpassend und anbiederend wirken. Aber noch bin ich offen für mehr Retro, so lange sehenswerte Produktionen erscheinen wie beispielsweise Summer of 84 (vom Regisseur von Turbo Kid) oder Obsession von Joywave.

Commando Ninja

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Ich hatte bereits letztes Jahr in meinem Trash-Tumblr den über alle Maßen fantastischen und herrlich beknackten Fan-Film Commando Ninja verbloggt. Da kürzlich ein sehenswertes Making-Of veröffentlicht wurde, nutze ich die Gelegenheit und weise auch hier noch mal auf den Film hin. Der Franzose Benjamin Combes hat dank knapp 800 zahlungswilliger Unterstützer auf Kickstarter und dem Enthusiasmus der beteiligten Helfer und Schauspieler eine augenzwinkernde Hommage erschaffen, die den Filmen huldigt, mit denen er aufgewachsen ist. Das sind vorwiegend die 80er Jahre Actionheuler von Cannon Films und Carolco Pictures. Die Ninja-Filme und der Schwarzenegger-Klopper Phantom Commando spielen ganz offensichtlich eine herausragende Rolle. Wenn man beide kombiniert, erhält man: Commando Ninja!

Für Trashfans bietet Commando Ninja einen hohen Unterhaltungswert, insbesondere wenn man diese Filmära kennt und genauso abgefeiert hat wie Filmemacher Combes. Commando Ninja ist einer dieser raren Filme, die absichtlich trashig sind und dennoch funktionieren. Guter Trash lebt ja eigentlich davon, dass er sich seiner Trashigkeit nicht bewusst ist. Unfreiwilliger Trash eben. Bewusst auf trashig gedrehte Filme sind hingegen selten überzeugend (Sharknado, anyone?). Commando Ninja aber funktioniert, weil viel Leidenschaft, Herzblut und Detailgenauigkeit drinsteckt. Das Beste: der knapp 70-minütige Kracher kann auf Youtube kostenlos angeschaut werden. Sowohl im englischen Original als auch in einer deutschen Synchronisation.

Das erwähnte Making-Of sei nochmals besonders empfohlen (Untertitel anschalten). Man erhält hier einen guten Einblick in die 3 Jahre dauernde Produktionszeit des Films und lernt den Film und den betriebenen Aufwand noch mehr zu schätzen. Gleichzeitig demonstriert das Making-Of, wie man heute einen beachtlichen Fan-Film realisieren kann, nicht zuletzt auch mit der Hilfe des Internets. Da ist nicht nur die Finanzierung über Kickstarter. Desweiteren hat Combes fast alle Schauspieler und Beteiligte über Facebook kennengelernt, sofern er nicht auf Talente aus seinem Bekanntenkreis zurückgreifen konnte. Selbst bei den Synchronisationen hilft das Internet dank Sprecher-Plattformen wie voicebunny.com.

Das Making-Of geht auch auf die vielen Probleme ein, die während des Drehs auftauchen. Passende Locations finden, Geldmangel, Krankheit, fehlendes oder defektes Equipment und manchmal auch schlicht fehlende Expertise. Sehenswert dazu das Segment über die improvisierten Special Effects der Einschusswunden. Wie Combes das alles mit viel Erfindungsreichtum und Hartnäckigkeit meistert, ringt mir echt Respekt ab.

Ach ja, einen tollen Soundtrack gibt es auch.

 

Und in Kürze ein Prequel-Comic. Die Action-Figuren (!) sind hingegen schon ausverkauft. Aber worauf ich eigentlich hoffe, ist natürlich eine Fortsetzung des Films. Vielleicht in drei oder vier Jahren?

Reise ans Ende der Zeit

 

Der neuste – ja, ich weiß nicht, wie man es nennen soll, es ist eigentlich so viel mehr als ein schnöder Remix. Ich sage einfach: das neuste Video von melodysheep hat es in sich.

In seinem Timelapse of the Future: A Journey to the End of Time audiovisualisiert melodysheep im 30-Minuten-Zeitraffer nichts Geringeres als den Untergang unseres Universums ausgehend vom Jahr 2019. Und das nach aktuellem wissenschaftlichen Stand.

Wenn ich die Nullen richtig gezählt habe, schreiben wir am Ende das Jahr 1099, was einer 1 mit 99 Nullen entspricht und sich laut Wikipedia Sedezilliarde nennt. Es ist eine enorm lange Zeit, die sich dem menschlichen Verstand entzieht, zumindest meinem. Aber dem Video gelingt es sehr schön, diese Zeitspanne packend darzustellen. Bei Minute 3 des Videos ist unsere Erde bereits Geschichte und bei 3:30 ist aus unserer Sonne ein weißer Zwerg geworden. Kaum eine weitere Minute später und schon liegen im gesamten Universum alle Sterne im Sterben.

Außerst faszinierend. Ich schwanke zwischen Ergriffenheit und Melancholie. Nichts verdeutlicht mehr, dass alle Dinge ihre Zeit haben, wie man so schön sagt, als das Ende allen Seins. Das Ende der Menschheit, das kann man irgendwie noch nachvollziehen. Aber dass am Ende des Universums nichts da sein wird, außer Leere, Dunkelheit und Kälte, ist gleichsam beängstigend wie seltsam beruhigend. Immerhin entlässt das Video den Zuschauer nicht gänzlich ohne Funken Hoffnung, denn abschließend wird auch über Multiversen und virtuelle Universen philosophiert. Schließlich sagt man ja auch, dass in jedem Ende ein neuer Anfang liegen kann.

Melodysheep hat übrigens schon einmal ein thematisch ähnliches Video gemacht. Sein  Timelapse of the Entire Universe zeigt die Geschichte vom Urknall bis ins Jetzt und empfiehlt sich daher als Einstieg.

Katherine Dunham in Im Schwarzen Rößl

Ich habe eine kleine filmhistorische Entdeckung gemacht. Ausgerechnet im österreichischen Schlagerfilm Im Schwarzen Rößl von 1961. Ich habe diesen Film kürzlich zwecks einer Recherche gesichtet und war aufgrund der Eingangssequenz, die auf ungeschickte Weise dem Zuschauer vorgaukelt, sie spiele im Moulin Rouge, aber ganz offensichtlich doch nur im Studio gedreht wurde, einigermaßen verblüfft. Denn die Szene ist so anders, als das was ich in einem Schlagerfilm mit Gus Backus und Trude Herr erwartet hätte. Eine brasilianische Tanz- und Gesangsnummer, locker-flockig irgendwo zwischen Martin Denny und Yma Sumac angesiedelt.

Neben der Musik, ist mir die Sängerin aufgefallen, die hier lipsynct. Ich konnte sie erst nicht zuordnen, aber irgendwie kam sie mir bekannt vor. Nachdem ich mir die Szene mehrmals angesehen hatte, fiel es mir ein. Es handelt sich hierbei um keine Geringere als die schwarze Ikone der Tanz-Choreographie und Bürgerrechtsaktivistin Katherine Dunham.

Ich habe die Szene zu Dokumentationszwecken auf Youtube hochgeladen:

Dunhams Auftritt wird nicht in den Filmcredits erwähnt und erscheint auch sonst in keiner mir zugänglichen Onlinequelle. Dass Dunham überhaupt in einem österreichischen Film auftritt, ist nicht ganz verwunderlich, wenn man ihre Biografie auf Wikipedia oder die Timeline der Library of Congress betrachtet.

Ende der 1950er Jahre befand sie sich mit ihrer Truppe, The Dunham Company, zum dritten Mal auf Europa-Tournee. Aufgrund schlechten Managements strandeten sie 1960 ohne Geld in Wien. Dort gelang es Dunham immerhin einen Auftritt in der Sendung Karibische Rhythmen des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR) zu organisieren. Soviel ist verbrieft. In diesem Zeitraum muss es dann auch zu den Aufnahmen zum Film Im Schwarzen Rößl gekommen sein.

Was mir bisher noch nicht gelungen ist, ist das Lied zu identifizieren. Weder Google Music noch Youtube Content ID sagt was. Wer da eine Idee hat, bitte melden. Ich höre Maracatu heraus und in der Tat hatte Dunham in ihrer Broadway-Show eine „Brazilian Suite“ mit Maracatu im Programm, wie sich in The Complete Book of 1950s Broadway Musicals nachschlagen lässt. Die Musik stammt von einem gewissen Vadico Gogliano alias Osvaldo Gogliano. Ob es sich dabei um diese Nummer handelt, kann ich leider nicht bestätigen.