Mit etwas Verspätung habe ich einige erwähnenswerte Musikveröffentlichungen aus dem Jahr 2014 zusammengetragen. Obwohl ich im letzten Jahr weniger exzessiv Musik gehört habe, als üblich, ist doch eine ordentliche Liste entstanden. Dass das Ganze sehr subjektiv auf meinen Geschmack zugeschnitten ist, erübrigt sich zu erwähnen. Ohren auf und durch.
Düsteres
Anima Morte – Upon Darkened Stains
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Der neuste Streich der schwedischen Prog-Band, die sich stark an die Horror- und Giallo-Soundtracks der 70er und 80er Jahre anlehnt. Analog, warm und organisch. Aufgenommen mit diversen alten Instrumen in den Roth Händle Studios. Mehr zu den Hintergründen im empfehlenswerten Making-of. Exzellentes Album für Prog- und Horror-Fans.
Earth – Primitive and Deadly
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Langsamkeit in musikalischer Perfektion. Das Cello von den letzen beiden Alben ist verschwunden, dafür gibt es diesmal mehr Synthesizer. Stilistisch geht dieses Album in Richtung The Bees Made Honey in the Lion’s Skull, dessen flirrende, sumpfige Western-Atmosphäre mir sehr zusagt. Aber Earth wären nicht Earth, wenn es nicht auch diesmal einen kleinen stilistischen Wandel gäbe: Gesang. Gleich zwei Gastsänger/innen sind auf dem Album zu hören, der legendäre Mark Lanegan sowie Rabi Shabeen Qazi von der psychedelischen Rock-Band Rose Windows. Und das Ergebnis ist wunderbar homogen. Davon zukünftig gerne mehr.
Mansion – Uncreation
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Auf die Finnen bin ich letztes Jahr durch das gruselige Gänsehaut-Video Slumber Sermon aufmerksam geworden. Eine Rock-Band, die ein schleppendes und düsteres musikalisches Ritual zelebriert, und sich dabei von den ganzen Okkult-Revival-Bands der letzten Jahre abhebt.
Mirel Wagner – When The Cellar Children See The Light Of Day
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Reduzierte Blues-Folk-Melancholie mit Makaberlyrik. Wortwörtlich: zum Sterben schön.
Sabbath Assembly – Quaternity
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Einfach einzigartig ist diese musikalische Interpretation der Lehren der 60er-Jahre-Sekte The Process Church of The Final Judgment. Psychedelia-Gospel-Folk-Rock-Hippie-Satanisten-Choral-Doom könnte man das nennen.
The Night Terrors – Spiral Vortex / Pavor Nocturnus
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Die Australier haben dieses Jahr gleich zwei Alben veröffentlicht. Spiral Vortex ist das reguläre Album, das nahtlos an den bandtypischen vom Theremin angeführten Horror-Electronic-Vintage-Prog-Sound anknüpft. Pavor Nocturnus hingegen wurde speziell für die gigantische Orgel im Rathaus von Melbourne geschrieben und klingt entsprechend wuchtig, lässt dabei aber auch nicht die typischen Stilelemente vermissen. The Night Terrors sind für mich eine der spannendsten Bands, und diese zwei Alben demonstrieren, warum.
Electronica, Trip Hop, Pop
Amitron_7 – Come ye sinners to the gospel feast
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Schon seit einigen Jahren veröffentlicht das 1-Mann-Projekt aus Manchester wunderbar chillige Musik. Amitron_7 verwebt Gitarre, Synths, diverse andere Instrumente, Field-Recordings und Filmdialogfetzen zu extrem entspannt dahinwabernden Klangteppichen. Alle Werke stehen unter Creative-Commons und können kostenfrei runtergeladen werden. Auf, auf…
Malia – Convergence
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Als ich hörte, dass die Jazzsängerin Malia irgendwas mit Boris Blank von Yello macht, war ich erst einmal etwas konsterniert. Ja, ich war nie ein Fan von Yello und wusste auch nicht, was bei dieser Kollaboration herauskommen sollte. Das Ergebnis hat dann alle meine Bedenken weggewischt. Es ist ein schönes Album geworden mit zurückgenommener Instrumentierung, die die Stimme in den Mittelpunkt stellt.
Slowly Rolling Camera – Slowly Rolling Camera / Into the Shadow
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Eigentlich schon 2013 erschienen, aber in Deutschland offiziell erst seit 2014 erhältlich, daher noch auf dieser Liste. Slowly Rolling Camera ist eine junge Band aus England, die auf ganz wunderbare Weise das Beste aus Jazz, Trip-Hop, Soul und Drum ‘n Bass zusammenführt. Neben dem Album ist auch noch eine neue EP erschienen.
Jazz
Bohren & Der Club of Gore – Piano Nights
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Eine neue Veröffentlichung der Jazz-Exzentriker ist immer ein Ereignis. Als Fan kann man auch von diesem Album nur schwärmen und sich von der samtigen Dunkelheit umschmeicheln lassen. Wer bisher nichts mit der extremen Langsamkeit und drückenden Trostlosigkeit von Bohren anzufangen wusste, der wird wahrscheinlich auch kein Fan des neuen Albums werden. Überraschend ist dann allerdings doch, dass das Album immerhin bis auf Platz 49 der Charts gestiegen ist. Dies hätte vermutlich nur getoppt werden können, wenn der Bohren-Gassenhauer Ganz leise kommt die Nacht von Helene Fischer intoniert worden wäre.
João Hasselberg – Truth Has To Be Given In Riddles
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João Hasselberg habe ich bereits zwei Mal im Blog erwähnt. Die Mischung aus Jazz und Folk gefällt mir sehr gut und sein neues Album enthält sowohl eingängige Stücke wie auch freiere Arrangements. Sehr schön.
Melanie de Biasio – No Deal
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Das neue Album der für mich tollsten Jazz-Musikerin der letzten Jahre ist bereits 2013 erschienen, wird aber erst seit 2014 auch hierzulande vertrieben. Ein ganz großes Album. Einziger Kritikpunkt: mit 30 Minuten Laufzeit viel zu kurz.
Pop-Punk
DivaKollektiv – Futter
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Die Berliner Band kenne ich schon, seit sie sich noch The Stattmatratzen nannte. Warum sie sich umbenannt haben, keine Ahnung. Ist auch egal, die Musik tönt wie immer und wird mit viel Spaß in den Backen vorgetragen. Dank Crowdfunding habe ich eine CD mit Unterschriften abstauben können. Da kiekste!
Zombina And The Skeletones – Charnel House Rock
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Ein neues Album dieser Horror-Punk-Institution darf auf meiner Jahresliste nicht fehlen. Zu hören sind zehn neue Rock’n’Roll-Miniaturen mit klassischer Gruselthematik. Bei Zombina gibt es stilistisch nichts Neues zu vermelden, und das ist gut so.
Doom, Sludge, Post-Metal
Allochiria – Omonoia
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Im Klangumfeld von Bands wie Pelican, Isis und Neurosis ist es oft schwer, neue Akzente zu setzen. Die griechische Band Allochiria macht das dennoch ganz gut. Sehr abwechslungsreich werden hier bekannte, aber auch neue Stilelemente zusammengeknüpft. Das Album gibt es als „Pay-what-you-want“-Download bei Bandcamp.
Bongripper – Miserable
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Von dem kuriosen Bandnamen sollte man sich nicht täuschen lassen. Diese Riffmeister machen Ernst. Auf dem neuen Album sind drei Songs zu finden, die es auf über eine Stunde Spielzeit bringen. Die Titel: Endless, Descent und Into Ruin. Man könnte auch die drei Titel zusammensetzen: „Endless descent into ruin“. Der Soundtrack für den Weltuntergang. Riff türmt sich auf Riff. Es ist nicht trivial, instrumentalen Doom-Metal, der dermaßen rifforientiert ist, so originell zu gestalten, dass er über eine Stunde lang fesselt. Bongripper gelingt das spielend.
Cold Blue Mountain – Old Blood
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Doom mit Hardcore und Post-Metal-Elementen. Laut und wütend. Aber die Videos zeigen: ist alles nur Spaß.
Conan – Blood Eagle
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Walzt alles nieder. Superheavy. Der Sound ist dicht und zäh, die Musik wortkarg wie der Film-Conan; die Lyrics beschränken sich auf herausgebellte zweizeilige Fantasy-Konzepte, die in krachigen Gitarren und bollernden Trommeln zu ertrinken drohen. Bei Crom, das ist nichts für Schwächlinge.
Earthmass – Earthmass / Ormr
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Stonige Doomer-Band mit allerlei Psychedelia angereichert. Manches klingt gejammt, ist aber alles auf den Punkt durchkonzipiert. 2014 gab es ein Album und gleich noch eine EP hinterher.
Giant Squid – Minoans
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Giant Squid sind bekannt für epische Textkonzepte. Diesmal geht es um die minoische Kultur. Musikalisch bleibt die Band schwierig zu kategorisieren. Doom und Post-Metal-Elemente finden sich ebenso wie klassische Prog-Rock-Anleihen. Wie seit geraumer Zeit, spielt das Cello eine wichtige Rolle im Sound. Es ist eine der Bands, die einen ganz eigenen Klang haben und Genres verschwimmen lassen. Hier gibt es viel zu entdecken.
Helms Alee – Sleepwalking Sailors
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Eine der originellsten alternativen Rock-Bands der letzten Jahre. Das Album gleicht einer einzigen Achterbahnfahrt. Nichts ist hier vorhersehbar und nichts klingt wie schon mal gehört. Und über allem steht ein großes Augenzwinkern, denn der Witz schwingt immer mit.
Hemelbestormer/Vanessa van Basten – Untitled
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Kracher. Siehe mein Artikel hier.
Kröwnn – Magmafröst
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Das italienische Power-Trio spielt klassischen Doom-Metal mit nicht gerade wenigen Anleihen bei Black Sabbath. Dazu kommen ein paar Stoner-Elemente und fertig ist die Laube. Nicht besonders originell, aber gut gemacht und verdammt unterhaltsam.
Moanaa – Descent
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Polen hat sich in der letzten Zeit als heißes Pflaster des Post-Genres herausgebildet. Moanaa ist eine der interessanten Bands aus dem Nachbarland. Wem das neue Album gefällt, der kann sich auch noch die Debut-EP von 2010 kostenlos runterladen.
Pallbearer – Foundations of Burden
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Pallbearer sind für mich eine der besten jungen Bands, die sich ganz dem klassischen melodischen Doom-Metal verschrieben haben. Candlemass, St. Vitus, ein bischen Sabbath klingt durch. Im Gegensatz zu manch anderer Band in diesem Genre, haben Pallbearer auch keinen Sänger, der in den höchsten Tönen trällert, was angenehm rüberkommt.
Sólstafir – Ótta
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Wunderschöne Schwermut. Siehe mein Artikel.
The Flight Of Sleipnir – V
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Verzerrte Gitarren paaren sich mit typisch cleanem Black-Metal-Geriffe, driften in trippige Ambient-Sequenzen, und zwischendrin wird noch mal schnell ein akustisches Lagerfeuer entfacht. Abgefahrene Mischung aus Stoner-, Doom-, Folk- und Black-Metal.
Thou – Heathen
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Hier bin ich voreingenommen. Thou ist meine Lieblingsband im dreckigen Sludge und Doom-Metal-Bereich. Kaum seit zehn Jahren aktiv, hat die Bands bereits über 30 Veröffentlichungen auf der Uhr. Darunter viele, viele EPs, Splits und Compilations sowie 4 Alben. Heathen ist das neuste Album. Superzäh und superschwer. Dazu Lyrik zwischen Existentialismus, Sozialkritik und fatalistischer Hoffnungslosigkeit. Alles in allem: Die Blaupause für Sludge. Die Band ist totaler DIY. Alles wird in Eigenregie veröffentlicht und sämtliche Veröffentlichungen sind auf der Homepage kostenlos zu haben.
Universe 217 – Ease
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Experimentelle Doom-Band aus Griechenland mit einzigartigem Klang und unfassbarer Sängerin. Dieses Jahr gab es nur eine EP. Wem diese gefällt, der sollte auch das Album von 2013 und die Veröffentlichungen davor anchecken.
Witch Mountain – Mobile Of Angels
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Von der Band und dem Album habe ich hier ja schon ausreichend geschwärmt. Klassischer Doom-Metal mit starkem Blues-Einschlag und facettenreicher Sängerin.
Rock
Blues Pills – Blues Pills
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Man kaum Schritt halten mit den vielen Retro-Bands, die in den letzten Jahren auftauchen. Blues Pills haben sich in kurzer Zeit einen Namen gemacht, man könnte fast ein wenig von Hype sprechen. Und der ist durchaus gerechtfertigt. Wie elegant und spielerisch hier funky Blues-Rock alter Schule runtergezockt wird, zeugt schon von Klasse. Eine Band, die live genauso klingt, wie auf Platte. Nachzuhören in den vielen tollen Live-Videos wie zum Beispiel hier oder hier. Ich war schon begeistert, als ich 2012 die Bliss und Black Smoke EPs gehört hatte. Die Songs der beiden EPs sind nun auch auf dem Debut-Album zu finden, plus neues Material. Gute Band, gutes Album.
Imelda May – Tribal
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Etwas Neues von Imelda May geht immer. In England und im Heimatland Irland ist sie mit ihrem Rockabilly ziemlich erfolgreich. Entdeckt habe ich sie dann tatsächlich irgendwann auch in einer BBC-Sendung. Tribal ist ihr viertes Album und wie gewohnt ist auch dieses höchst unterhaltsam. Zum Song „It’s good to be alive“ gibt es thematisch passend ein bezauberndes Frankenstein-Video.
Purson – In The Meantime
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Eine weitere, sehr empfehlenswerte Retro-Band, die tief im 70er Jahre Psychedelic Rock steckt inklusive Wurlitzer und anderem Georgel. Purson bieten Fuzz und Groove mit einer folkigen Pop-Attitüde. Wäre ich Kiffer, würde ich mir hierzu was anstecken. Mit „In the Meantiime“ kam 2014 eine 4-Track-EP raus, während für dieses Jahr das zweite Album geplant ist.