Auf Amazon Prime habe ich Fackeln im Sturm entdeckt, einen Straßenfeger meiner Kindheit, und ich verspürte irgendwie den Drang, mir dieses Epos mit über 30 Jahren Abstand nochmals anzusehen. Eigentlich bin ich damals zu jung gewesen, aber die Serie war ein solcher Hit, dass man es sich selbst als Grundschüler nicht erlauben konnte, sie zu verpassen. Ich kann natürlich nicht behaupten, dass ich damals alles verstanden hätte. Bürgerkrieg, große Politik, Intrigen, Rassismusdebatte, Familienfehden.
Bei Fackeln im Sturm handelt es sich um drei Mini-Serien des amerikanischen Fernsehsenders ABC. Entsprechend der Romantrilogie von John Jakes, auf der die Produktion beruht, heißen die Serien im englischen Original North and South Book I, Book II und Book III. Man kann das Ganze allerdings einfachheitshalber als eine Serie mit drei Staffeln betrachten.
Fackeln im Sturm erzählt von den Vorgängen unmittelbar vor, während und nach dem amerikanischen Bürgerkrieg, deckt damit die Zeitspanne zwischen den Jahren 1842 und 1866 ab, und stellt dabei zwei Familien in den Mittelpunkt der Handlung. Orry Main (Patrick Swayze) und seine Familie besitzen eine Baumwollplantage mit entsprechender Sklaveninfrastruktur in South Carolina, während George Hazard (James Read) und seine Familie eine Eisenhütte in Pennsylvania betreiben, natürlich sklavenfrei. Zwischen den Familien und speziell zwischen Orry und George entwickelt sich eine tiefe Freundschaft, bevor diese aufgrund der Spaltung des Landes auf eine schwere Probe gestellt wird. Die Serie macht dazu eine große Anzahl von Nebenhandlungen auf und erzählt vom äußeren Konflikt, dem Krieg, genauso wie vom inneren Konflikt der Figuren. Die Spaltung des Landes verläuft durch Familien und zwischen Freunden hindurch. Die Serie lässt außerdem die Perspektive der Sklaven nicht außen vor, was Fackeln im Sturm inhaltlich deutlich interessanter macht, als den heute kontrovers diskutierten Bürgerkriegsklassiker Vom Winde verweht.
Der Ruf der Serie – und das, was mir noch vage in Erinnerung war – haben dazu geführt, dass ich mich geistig auf ein echtes Kitsch-Fest vorbereitet habe. Doch erfreulicherweise wäre das gar nicht nötig gewesen. Fackeln im Sturm ist eine große Seifenoper, da gibt es kein Vertun. Aber eine Seifenoper auf hohem Niveau. Mit einer abwechslungsreichen Handlung, nahezu tadelloser Inszenierung und mit einer guten Besetzung gelingt es der Serie spannend zu unterhalten und zumindest ansatzweise auch ein bischen Geschichte zu vermitteln. Historisch werden die wichtigsten Stationen abgearbeitet und man bekommt einen soliden Eindruck, wie und warum der Krieg geführt wurde. Einen wissenschaftlich-kritischen Geschichtsunterricht dürfte man hier ohnehin nicht erwarten.
Zwei Dinge haben mich besonders überrascht. Für eine Fernsehserie aus den 1980er Jahren hat sich Fackeln im Sturm erstaunlich gut gehalten. Das liegt an der filmischen Inszenierung mit Kamerafahrten am Kram und Massenszenen mit hunderten von Statisten auf dem Schlachtfeld, und an den auch heute noch beeindruckenden Sets und Kostümen. Das passt alles gut zusammen und wirkt nur selten kulissenhaft.
Eine weitere Überraschung für mich, weil es mir damals als Kind natürlich nicht bewusst war, sind die ganzen Cameos berühmter Schauspieler: Robert Mitchum, James Stewart, Hal Holbrook, Elizabeth Taylor, Olivia de Havilland (bekannt aus Vom Winde verweht), Lloyd Bridges… und Michael Dudikoff, der zwar damals kein berühmter Schauspieler war, sich nach Fackeln im Sturm aber zu einem der bekanntesten B-Action-Stars der 80er und 90er Jahre entwickeln sollte. Nicht zu vergessen, dass auch der spätere Star-Trek-Commander Jonathan Frakes hier ebenso eine größere Rolle hat.
Damit steht recht viel auf der Habenseite. Ganz kritiklos will ich die Serie aber nicht abfeiern. Stellenweise kommen mir zu sehr die traditionellen Seifenoperelemente durch. Das fängt bei den Figuren an, die alle erdenklichen Archetypen abdecken, vom guten Sklavenbesitzer, der von den Sklaven profitiert und sich seiner Familie verpflichtet fühlt, aber dennoch irgendwie spürt, dass Menschen wie Dinge zu besitzen, nicht richtig ist, bis zur intriganten Schwester, die über Leichen geht. Es werden einfach etwas zu viele melodramatische Momente aufgetischt. Hier noch eine Affäre, dort noch schnell ein Duell wegen einer Lappalie. Immerhin gilt es, eine Gesamtspielzeit von über 22 Stunden zu füllen.
Das größte Manko der Serie ist allerdings zweifellos die dritte Staffel. Staffel 1 und 2 erschienen 1985 und 1986, zwei bzw. drei Jahre nach den Romanen von John Jakes, und bilden eine schöne runde Geschichte mit einem versöhnlichen Ende. 1987 erschien Jakes abschließender dritter Roman der Reihe, der ursprünglich eigentlich gar nicht verfilmt werden sollte. Einige Jahre später überlegte man es sich bei ABC offensichtlich doch anders und schob 1994 noch die dritte Staffel hinterher. Vermutlich war der große Erfolg der Serie zu verführerisch, als dass man darauf hätte verzichten können, die Kuh noch weiterzumelken.
Positiv ist zu vermerken, dass auch die dritte Staffel visuell ansprechend ist und dass etliche Schauspieler der ersten und zweiten Staffel wieder mit an Bord sind. Im Falle von Patrick Swayze stand man allerdings vor einem Problem. Kurz nach der zweiten Staffel feierte Swayze mit dem Film Dirty Dancing seinen Kino-Durchbruch. Anfang der 90er Jahre folgten weitere Hits wie Ghost und Point Break. Völlig ausgeschlossen, dass Swayze für eine dritte Staffel zur Verfügung stehen würde. Das war eine Zeit, in der man als Schauspieler nicht mehr ins Fernsehen zurückkehrte, wenn man einmal den Sprung ins Kino geschafft hatte (oben genannte Cameos ausgenommen). Vielleicht war Swayze auch mittlerweile auch einfach zu teuer. ABC musste daher eine Lösung für die Figur Orry Main finden. Neu besetzen oder aus der Geschichte rausschreiben. Man entschied sich für Letzteres und leider tat man dies auf denkbar schlechteste Weise.
Man könnte darüber hinwegsehen, wenn denn der Rest der Staffel wenigstens spektakulär wäre. Aber inhaltlich beschränkt sich die Staffel auf eine simple Rachegeschichte. Es gibt durchaus einige gute Ansätze. So versuchen die Protagonisten ihr Leben zu ordnen und ihre Geschäfte wieder aufzubauen. Die ehemaligen Sklaven müssen feststellen, dass das Ende der Sklaverei nicht das Ende des Rassismus bedeutet. Der Ku Klux Klan taucht auf. Es wird ein Massaker an Cheyenne verübt. Letztlich werden all diese Themen aber nur angerissen und es ergibt sich wenig daraus. Mit einer Länge von 3 x 90 Minuten ist die dritte Staffel auch nur halb so lang wie die vorherigen. Sind die Ideen ausgegangen oder das Geld? So bleibt der Eindruck, dass die dritte Staffel ein eigentlich überflüssiger Nachtrag zu einer längst fertigerzählten Geschichte ist.
Es schmälert die Qualität der Serie aber nur geringfügig, egal ob man nun die dritte Staffel als Teil der Serie betrachtet oder sie gedanklich streicht. Fackeln im Sturm ist ein amerikanisches Serienepos, das mich in seiner Gesamtheit nach all den Jahren doch tatsächlich ziemlich gut unterhalten und ein Stück weit auch immer noch beeidruckt hat. Wider erwarten.