Die Faust-Illustrationen von Edmund Brüning

Edmund Brüning (* 21. Dezember 1865 in Rapen; † unbekannt) war ein deutscher Illustrator und Maler. Er illustrierte zahlreiche literarische Werke, darunter Faust für die 6-bändige Goethe-Ausgabe, die 1898 im Verlag der Literaturwerke Minerva, Leipzig erschien. In meinem Archiv habe ich die Illustrationen wieder entdeckt, die ich vor vielen Jahren gescannt habe. Die Qualität entspricht nicht mehr ganz dem heutigen technischen Standard, aber es wäre schade, die Bilder nicht zu veröffentlichen. Zu jeder Illustration zitiere ich die entsprechende Passage aus dem Faust.

Inhaltsverzeichnis

01. Vorspiel auf dem Theater
02. Prolog im Himmel
03. Faust: Der Tragödie Erster Teil. Nacht.
04. Nacht. Der Geist erscheint in der Flamme.
05. Nacht. Faust und Wagner.
06. Nacht. Der letzte Trunk.
07. Vor dem Thor. Faust und Wagner.
08. Vor dem Thor. Faust und Wagner. Kein Gespenst ist da.
09. Studierzimmer. Das also war des Pudels Kern.
10. Studierzimmer. Geister.
11. Studierzimmer. Blut ist ein ganz besondrer Saft.
12. Studierzimmer. Ein Schüler tritt auf.
13. Auerbachs Keller in Leipzig
14. Auerbachs Keller in Leipzig. Seid Ihr wohrgar ein Virtuos?
15. Auerbachs Keller in Leipzig. Und merkt euch, wie der Teufel spaße.
16. Hexenküche
17. Straße
18. Abend. Ein kleines reinliches Zimmer.
19. Der Nachbarin Haus
20. Der Nachbarin Haus. Lebt wohl, ihr Fraun.
21. Garten
22. Garten. Er liebt mich.
23. Gretchens Stube
24. Zwinger
25. Nacht. Straße vor Gretchens Türe.
26. Nacht. Straße vor Gretchens Türe. Welche Höllenpein.
27. Dom
28. Walpurgnisnacht
29. Walpurgnisnacht. Servibilis.
30. Walpurgnisnachtstraum
31. Trüber Tag. Feld.
32. Nacht, offen Feld
33. Kerker
34. Ende

01. Vorspiel auf dem Theater

Inhaltsverzeichnis

Direktor:

Ihr beiden, die ihr mir so oft,
In Not und Trübsal, beigestanden,
Sagt, was ihr wohl in deutschen Landen
Von unsrer Unternehmung hofft?
Ich wünschte sehr der Menge zu behagen,
Besonders weil sie lebt und leben läßt.
Die Pfosten sind, die Bretter aufgeschlagen,
Und jedermann erwartet sich ein Fest.
Sie sitzen schon mit hohen Augenbraunen
Gelassen da und möchten gern erstaunen.
Ich weiß, wie man den Geist des Volks versöhnt;
Doch so verlegen bin ich nie gewesen:
Zwar sind sie an das Beste nicht gewöhnt,
Allein sie haben schrecklich viel gelesen.
Wie machen wir’s, daß alles frisch und neu
Und mit Bedeutung auch gefällig sei?
Denn freilich mag ich gern die Menge sehen,
Wenn sich der Strom nach unsrer Bude drängt,
Und mit gewaltig wiederholten Wehen
Sich durch die enge Gnadenpforte zwängt;
Bei hellem Tage, schon vor vieren,
Mit Stößen sich bis an die Kasse ficht
Und, wie in Hungersnot um Brot an Bäckertüren,
Um ein Billet sich fast die Hälse bricht.
Dies Wunder wirkt auf so verschiedne Leute
Der Dichter nur; mein Freund, o tu es heute!

02. Prolog im Himmel

Inhaltsverzeichnis

Mephistopheles:

Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst
Und fragst, wie alles sich bei uns befinde,
Und du mich sonst gewöhnlich gerne sahst,
So siehst du mich auch unter dem Gesinde.
Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen,
Und wenn mich auch der ganze Kreis verhöhnt;
Mein Pathos brächte dich gewiß zum Lachen,
Hättst du dir nicht das Lachen abgewöhnt.
Von Sonn‘ und Welten weiß ich nichts zu sagen,
Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen.
Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag,
Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.
Ein wenig besser würd er leben,
Hättst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;
Er nennt’s Vernunft und braucht’s allein,
Nur tierischer als jedes Tier zu sein.
Er scheint mir, mit Verlaub von euer Gnaden,
Wie eine der langbeinigen Zikaden,
Die immer fliegt und fliegend springt
Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt;
Und läg er nur noch immer in dem Grase!
In jeden Quark begräbt er seine Nase.

Der Herr:

Hast du mir weiter nichts zu sagen?
Kommst du nur immer anzuklagen?
Ist auf der Erde ewig dir nichts recht?

Mephistopheles:

Nein Herr! ich find es dort, wie immer, herzlich schlecht.
Die Menschen dauern mich in ihren Jammertagen,
Ich mag sogar die armen selbst nicht plagen.

03. Faust: Der Tragödie Erster Teil. Nacht.

Inhaltsverzeichnis

In einem hochgewölbten, engen gotischen Zimmer Faust, unruhig auf seinem Sessel am Pulte.

Faust:

Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Magister, heiße Doktor gar
Und ziehe schon an die zehen Jahr
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum –
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen,
Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel –
Dafür ist mir auch alle Freud entrissen,
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab ich weder Gut noch Geld,
Noch Ehr und Herrlichkeit der Welt;
Es möchte kein Hund so länger leben!
Drum hab ich mich der Magie ergeben,
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimnis würde kund;
Daß ich nicht mehr mit saurem Schweiß
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
Daß ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält,
Schau alle Wirkenskraft und Samen,
Und tu nicht mehr in Worten kramen.

04. Nacht. Der Geist erscheint in der Flamme.

Inhaltsverzeichnis

Er faßt das Buch und spricht das Zeichen des Geistes geheimnisvoll aus. Es zuckt eine rötliche Flamme, der Geist erscheint in der Flamme.

Geist:

Wer ruft mir?

Faust (abgewendet):

Schreckliches Gesicht!

Geist:

Du hast mich mächtig angezogen,
An meiner Sphäre lang gesogen,
Und nun –

Faust:

Weh! ich ertrag dich nicht!

05. Nacht. Faust und Wagner.

Inhaltsverzeichnis

Wagner im Schlafrock und der Nachtmütze, eine Lampe in der Hand. Faust wendet sich unwillig.

Wagner:

Verzeiht! ich hör euch deklamieren;
Ihr last gewiß ein griechisch Trauerspiel?
In dieser Kunst möcht ich was profitieren,
Denn heutzutage wirkt das viel.
Ich hab es öfters rühmen hören,
Ein Komödiant könnt einen Pfarrer lehren.

Faust:

Ja, wenn der Pfarrer ein Komödiant ist;
Wie das denn wohl zuzeiten kommen mag.

Wagner:

Ach! wenn man so in sein Museum gebannt ist,
Und sieht die Welt kaum einen Feiertag,
Kaum durch ein Fernglas, nur von weitem,
Wie soll man sie durch Überredung leiten?

06. Nacht. Der letzte Trunk.

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Nun komm herab, kristallne reine Schale!
Hervor aus deinem alten Futterale,
An die ich viele Jahre nicht gedacht!
Du glänzetst bei der Väter Freudenfeste,
Erheitertest die ernsten Gäste,
Wenn einer dich dem andern zugebracht.
Der vielen Bilder künstlich reiche Pracht,
Des Trinkers Pflicht, sie reimweis zu erklären,
Auf einen Zug die Höhlung auszuleeren,
Erinnert mich an manche Jugendnacht.
Ich werde jetzt dich keinem Nachbar reichen,
Ich werde meinen Witz an deiner Kunst nicht zeigen.
Hier ist ein Saft, der eilig trunken macht;
Mit brauner Flut erfüllt er deine Höhle.
Den ich bereit, den ich wähle,
„Der letzte Trunk sei nun, mit ganzer Seele,
Als festlich hoher Gruß, dem Morgen zugebracht!

(Er setzt die Schale an den Mund.)

07. Vor dem Thor. Faust und Wagner.

Inhaltsverzeichnis

Faust:

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer kornigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlt’s im Revier
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen
Nach der Stadt zurückzusehen.
Aus dem hohlen finstern Tor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,
Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß, in Breit und Länge
So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und bis zum Sinken überladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!

08. Vor dem Thor. Faust und Wagner. Und kein Gespenst ist da.

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Faust:

Betracht ihn recht! für was hältst du das Tier?

Wagner:

Für einen Pudel, der auf seine Weise
Sich auf der Spur des Herren plagt.

Faust:

Bemerkst du, wie in weitem Schneckenkreise
Er um uns her und immer näher jagt?
Und irr ich nicht, so zieht ein Feuerstrudel
Auf seinen Pfaden hinterdrein.

Wagner:

Ich sehe nichts als einen schwarzen Pudel;
Es mag bei Euch wohl Augentäuschung sein.

Faust:

Mir scheint es, daß er magisch leise Schlingen
Zu künft’gem Band um unsre Füße zieht.

Wagner:

Ich seh ihn ungewiß und furchtsam uns umspringen,
Weil er, statt seines Herrn, zwei Unbekannte sieht.

Faust:

Der Kreis wird eng, schon ist er nah!

Wagner:

Du siehst! ein Hund, und kein Gespenst ist da.
Er knurrt und zweifelt, legt sich auf den Bauch,
Er wedelt. Alles Hundebrauch.

Faust:

Geselle dich zu uns! Komm hier!

Wagner:

Es ist ein pudelnärrisch Tier.
Du stehest still, er wartet auf;
Du sprichst ihn an, er strebt an dir hinauf;
Verliere was, er wird es bringen,
Nach deinem Stock ins Wasser springen.

Faust:

Du hast wohl recht; ich finde nicht die Spur
Von einem Geist, und alles ist Dressur.

Wagner:

Dem Hunde, wenn er gut gezogen,
Wird selbst ein weiser Mann gewogen.
Ja, deine Gunst verdient er ganz und gar,
Er, der Studenten trefflicher Skolar.

09. Studierzimmer. Das also war des Pudels Kern.

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Mephistopheles tritt, indem der Nebel fällt, gekleidet wie ein fahrender Scholastikus, hinter dem Ofen hervor.

Mephistopheles:

Wozu der Lärm? was steht dem Herrn zu Diensten?

Faust:

Das also war des Pudels Kern!
Ein fahrender Skolast? Der Kasus macht mich lachen.

Mephistopheles:

Ich salutiere den gelehrten Herrn!
Ihr habt mich weidlich schwitzen machen.

Faust:

Wie nennst du dich?

Mephistopheles:

Die Frage scheint mir klein
Für einen, der das Wort so sehr verachtet,
Der, weit entfernt von allem Schein,
Nur in der Wesen Tiefe trachtet.

Faust:

Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen
Gewöhnlich aus dem Namen lesen,
Wo es sich allzu deutlich weist,
Wenn man euch Fliegengott, Verderber, Lügner heißt.
Nun gut, wer bist du denn?

Mephistopheles:

Ein Teil von jener Kraft,
Die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

Faust:

Was ist mit diesem Rätselwort gemeint?

Mephistopheles:

Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär’s, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz, das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.

10. Studierzimmer. Geister.

Inhaltsverzeichnis

Geister:

Schwindet, ihr dunkeln
Wölbungen droben!
Reizender schaue
Freundlich der blaue
Äther herein!
Wären die dunkeln
Wolken zerronnen!
Sternelein funkeln,
Mildere Sonnen
Scheinen darein.
Himmlischer Söhne
Geistige Schöne,
Schwankende Beugung
Schwebet vorüber.
Sehnende Neigung
Folget hinüber;
Und der Gewänder
Flatternde Bänder
Decken die Länder,
Decken die Laube,
Wo sich fürs Leben,
Tief in Gedanken,
Liebende geben.
Laube bei Laube!
Sprossende Ranken!
Lastende Traube
Stürzt ins Behälter
Drängender Kelter,
Stürzen in Bächen
Schäumende Weine,
Rieseln durch reine,
Edle Gesteine,
Lassen die Höhen
Hinter sich liegen,
Breiten zu Seen
Sich ums Genüge
Grünender Hügel.
Und das Geflügel
Schlürfet sich Wonne,
Flieget der Sonne,
Flieget den hellen
Inseln entgegen,
Die sich auf Wellen
Gauklend bewegen;
Wo wir in Chören
Jauchzende hören,
Über den Auen
Tanzende schauen,
Die sich im Freien
Alle zerstreuen.
Einige klimmen
Über die Höhen,
Andere schwimmen
Über die Seen,
Andere schweben;
Alle zum Leben,
Alle zur Ferne
Liebender Sterne,
Seliger Huld.

11. Studierzimmer. Blut ist ein ganz besondrer Saft.

Inhaltsverzeichnis

Faust:

Auch was Geschriebnes forderst du Pedant?
Hast du noch keinen Mann, nicht Manneswort gekannt?
Ist’s nicht genug, daß mein gesprochnes Wort
Auf ewig soll mit meinen Tagen schalten?
Rast nicht die Welt in allen Strömen fort,
Und mich soll ein Versprechen halten?
Doch dieser Wahn ist uns ins Herz gelegt,
Wer mag sich gern davon befreien?
Beglückt, wer Treue rein im Busen trägt,
Kein Opfer wird ihn je gereuen!
Allein ein Pergament, beschrieben und beprägt,
Ist ein Gespenst, vor dem sich alle scheuen.
Das Wort erstirbt schon in der Feder,
Die Herrschaft führen Wachs und Leder.
Was willst du böser Geist von mir?
Erz, Marmor, Pergament, Papier?
Soll ich mit Griffel, Meißel, Feder schreiben?
Ich gebe jede Wahl dir frei.

Mephistopheles:

Wie magst du deine Rednerei
Nur gleich so hitzig übertreiben?
Ist doch ein jedes Blättchen gut.
Du unterzeichnest dich mit einem Tröpfchen Blut.

Faust:

Wenn dies dir völlig Gnüge tut,
So mag es bei der Fratze bleiben.

Mephistopheles:

Blut ist ein ganz besondrer Saft.

12. Studierzimmer. Ein Schüler tritt auf.

Inhaltsverzeichnis

Ein Schüler tritt auf.

Schüler:

Ich bin allhier erst kurze Zeit,
Und komme voll Ergebenheit,
Einen Mann zu sprechen und zu kennen,
Den alle mir mit Ehrfucht nennen.

Mephistopheles:

Eure Höflichkeit erfreut mich sehr!
Ihr seht einen Mann wie andre mehr.
Habt Ihr Euch sonst schon umgetan?

Schüler:

Ich bitt Euch, nehmt Euch meiner an!
Ich komme mit allem guten Mut,
Leidlichem Geld und frischem Blut;
Meine Mutter wollte mich kaum entfernen;
Möchte gern was Rechts hieraußen lernen.

Mephistopheles:

Da seid Ihr eben recht am Ort.

Schüler:

Aufrichtig, möchte schon wieder fort:
In diesen Mauern, diesen Hallen
Will es mir keineswegs gefallen.
Es ist ein gar beschränkter Raum,
Man sieht nichts Grünes, keinen Baum,
Und in den Sälen, auf den Bänken,
Vergeht mir Hören, Sehn und Denken.

Mephistopheles:

Das kommt nur auf Gewohnheit an.
So nimmt ein Kind der Mutter Brust
Nicht gleich im Anfang willig an,
Doch bald ernährt es sich mit Lust.
So wird’s Euch an der Weisheit Brüsten
Mit jedem Tage mehr gelüsten.

13. Auerbachs Keller in Leipzig

Inhaltsverzeichnis

Frosch:

Will keiner trinken? keiner lachen?
Ich will euch lehren Gesichter machen!
Ihr seid ja heut wie nasses Stroh,
Und brennt sonst immer lichterloh.

Brandner:

Das liegt an dir; du bringst ja nichts herbei,
Nicht eine Dummheit, keine Sauerei.

Frosch (giesst ihm ein Glas Wein über den Kopf):

Da hast du beides!

Brandner:

Doppelt Schwein!

Frosch:

Ihr wollt es ja, man soll es sein!

14. Auerbachs Keller in Leipzig. Seid Ihr wohrgar ein Virtuos?

Inhaltsverzeichnis

Mephistopheles:

Wenn ich nicht irrte, hörten wir
Geübte Stimmen Chorus singen?
Gewiß, Gesang muß trefflich hier
Von dieser Wölbung widerklingen!

Frosch:

Seid Ihr wohrgar ein Virtuos?

Mephistopheles:

O nein! die Kraft ist schwach, allein die Lust ist groß.

Altmayer:

Gebt uns ein Lied!

Mephistopheles:

Wenn ihr begehrt, die Menge.

Siebel:

Nur auch ein nagelneues Stück!

Mephistopheles:

Wir kommen erst aus Spanien zurück,
Dem schönen Land des Weins und der Gesänge.

(Singt). Es war einmal ein König,
        Der hatt einen großen Floh –

Frosch:

Horcht! Einen Floh! Habt ihr das wohl gefaßt?
Ein Floh ist mir ein saubrer Gast.

Mephistopheles (singt):

Es war einmal ein König
Der hatt einen großen Floh,
Den liebt‘ er gar nicht wenig,
Als wie seinen eignen Sohn.
Da rief er seinen Schneider,
Der Schneider kam heran:
Da, miß dem Junker Kleider
Und miß ihm Hosen an!

Brandner:

Vergeßt nur nicht, dem Schneider einzuschärfen,
Daß er mir aufs genauste mißt,
Und daß, so lieb sein Kopf ihm ist,
Die Hosen keine Falten werfen!

Mephistopheles:

In Sammet und in Seide
War er nun angetan
Hatte Bänder auf dem Kleide,
Hatt‘ auch ein Kreuz daran
Und war sogleich Minister,
Und hatt‘ einen großen Stern.
Da wurden seine Geschwister
Bei Hof auch große Herrn.
Und Herrn und Fraun am Hofe,
Die waren sehr geplagt,
Die Königin und die Zofe
Gestochen und genagt,
Und durften sie nicht knicken,
Und weg sie jucken nicht.
Wir knicken und ersticken
Doch gleich, wenn einer sticht.

15. Auerbachs Keller in Leipzig. Und merkt euch, wie der Teufel spaße.

Inhaltsverzeichnis

(Sie ziehen die Messer und gehn auf Mephistopheles los.)

Mephistopheles (mit ernsthafter Gebärde) :

Falsch Gebild und Wort
Verändern Sinn und Ort!
Seid hier und dort!

(Sie stehn erstaunt und sehn einander an.)

Altmayer:

Wo bin ich? Welches schöne Land!

Frosch:

Weinberge! Seh ich recht?

Siebel:

Und Trauben gleich zur Hand!

Brandner:

Hier unter diesem grünen Laube,
Seht, welch ein Stock! Seht, welche Traube!

(Er faßt Siebeln bei der Nase. Die andern tun es wechselseitig und heben die Messer.)

Mephistopheles (wie oben):

Irrtum, laß los der Augen Band!
Und merkt euch, wie der Teufel spaße.

16. Hexenküche

Inhaltsverzeichnis

Faust:

Was seh ich? Welch ein himmlisch Bild
Zeigt sich in diesem Zauberspiegel!
O Liebe, leihe mir den schnellsten deiner Flügel,
Und führe mich in ihr Gefild!
Ach wenn ich nicht auf dieser Stelle bleibe,
Wenn ich es wage, nah zu gehn,
Kann ich sie nur als wie im Nebel sehn! –
Das schönste Bild von einem Weibe!
Ist’s möglich, ist das Weib so schön?
Muß ich an diesem hingestreckten Leibe
Den Inbegriff von allen Himmeln sehn?
So etwas findet sich auf Erden?

Mephistopheles:

Natürlich, wenn ein Gott sich erst sechs Tage plagt,
Und selbst am Ende Bravo sagt,
Da muß es was Gescheites werden.
Für diesmal sieh dich immer satt;
Ich weiß dir so ein Schätzchen auszuspüren,
Und selig, wer das gute Schicksal hat,
Als Bräutigam sie heim zu führen!

17. Straße

Inhaltsverzeichnis

Faust. Margarete vorübergehend.

Faust:

Mein schönes Fräulein, darf ich wagen,
Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?

Margarete:

Bin weder Fräulein, weder schön,
Kann ungeleitet nach Hause gehn.

(Sie macht sich los und ab.)

Faust:

Beim Himmel, dieses Kind ist schön!
So etwas hab ich nie gesehn.
Sie ist so sitt- und tugendreich,
Und etwas schnippisch doch zugleich.
Der Lippe Rot, der Wange Licht,
Die Tage der Welt vergeß ich’s nicht!
Wie sie die Augen niederschlägt,
Hat tief sich in mein Herz geprägt;
Wie sie kurz angebunden war,
Das ist nun zum Entzücken gar!

18. Abend. Ein kleines reinliches Zimmer.

Inhaltsverzeichnis

Margarete ihre Zöpfe flechtend und aufbindend.

Ich gäb was drum, wenn ich nur wüßt,
Wer heut der Herr gewesen ist!
Er sah gewiß recht wacker aus
Und ist aus einem edlen Haus;
Das konnt ich ihm an der Stirne lesen –
Er wär auch sonst nicht so keck gewesen. (Ab.)

19. Der Nachbarin Haus

Inhaltsverzeichnis

Margarete:

Fast sinken mir die Kniee nieder!
Da find ich so ein Kästchen wieder
In meinem Schrein, von Ebenholz,
Und Sachen herrlich ganz und gar,
Weit reicher, als das erste war.

Marthe:

Das muß Sie nicht der Mutter sagen;
Tät’s wieder gleich zur Beichte tragen.

Margarete:

Ach seh Sie nur! ach schau Sie nur!

Marthe (putzt sie auf):

O du glücksel’ge Kreatur!

Margarete:

Darf mich, leider, nicht auf der Gassen
Noch in der Kirche mit sehen lassen.

Marthe:

Komm du nur oft zu mir herüber,
Und leg den Schmuck hier heimlich an;
Spazier ein Stündchen lang dem Spiegelglas vorüber,
Wir haben unsre Freude dran;
Und dann gibt’s einen Anlaß, gibt’s ein Fest,
Wo man’s so nach und nach den Leuten sehen läßt.
Ein Kettchen erst, die Perle dann ins Ohr;
Die Mutter sieht’s wohl nicht, man macht ihr auch was vor.

Margarete:

Wer konnte nur die beiden Kästchen bringen?
Es geht nicht zu mit rechten Dingen!

20. Der Nachbarin Haus. Lebt wohl, ihr Fraun.

Inhaltsverzeichnis

Mephistopheles (für sich):

Nun mach ich mich beizeiten fort!
Die hielte wohl den Teufel selbst beim Wort.

(Zu Gretchen.)

Wie steht es denn mit Ihrem Herzen?

Margarete:

Was meint der Herr damit?

Mephistopheles (für sich):

Du guts, unschuldigs Kind!
(Laut.) Lebt wohl, ihr Fraun!

Margarete:

Lebt wohl!

21. Garten

Inhaltsverzeichnis

Margarete an Faustens Arm, Marthe mit Mephistopheles auf und ab spazierend.

Margarete:

Ich fühl es wohl, daß mich der Herr nur schont,
Herab sich läßt, mich zu beschämen.
Ein Reisender ist so gewohnt,
Aus Gütigkeit fürliebzunehmen;
Ich weiß zu gut, daß solch erfahrnen Mann
Mein arm Gespräch nicht unterhalten kann.

Faust:

Ein Blick von dir, ein Wort mehr unterhält
Als alle Weisheit dieser Welt. (Er küßt ihre Hand.)

Margarete:

Inkommodiert Euch nicht! Wie könnt Ihr sie nur küssen?
Sie ist so garstig, ist so rauh!
Was hab ich nicht schon alles schaffen müssen!
Die Mutter ist gar zu genau. (Gehn vorüber.)

22. Garten. Er liebt mich.

Inhaltsverzeichnis

(Sie pflückt eine Sternblume und zupft die Blätter ab, eins nach dem andern.)

Faust:

Was soll das? Einen Strauß?

Margarete:

Nein, es soll nur ein Spiel.

Faust:

Wie?

Margarete:

Geht! Ihr lacht mich aus.

(Sie rupft und murmelt.)

Faust:

Was murmelst du?

Margarete (halblaut):

Er liebt mich – liebt mich nicht.

Faust:

Du holdes Himmelsangesicht!

Margarete (fährt fort):

Liebt mich – nicht – liebt mich – nicht –

(Das letzte Blatt ausrupfend, mit holder Freude.)

Er liebt mich!

Faust:

Ja, mein Kind! Laß dieses Blumenwort
Dir Götterausspruch sein. Er liebt dich!
Verstehst du, was das heißt? Er liebt dich!

(Er faßt ihre beiden Hände.)

Margarete:

Mich überläuft’s!

23. Gretchens Stube

Inhaltsverzeichnis

Gretchen (am Spinnrad, allein)

Gretchen:

Meine Ruh ist hin,
Mein Herz ist schwer;
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.

Wo ich ihn nicht hab,
Ist mir das Grab,
Die ganze Welt
Ist mir vergällt.

Mein armer Kopf
Ist mir verrückt,
Meiner armer Sinn
Ist mir zerstückt.

Meine Ruh ist hin,
Mein Herz ist schwer,
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.

Nach ihm nur schau ich
Zum Fenster hinaus,
Nach ihm nur geh ich
Aus dem Haus.

Sein hoher Gang,
Sein edle Gestalt,
Seines Mundes Lächeln,
Seiner Augen Gewalt,

Und seiner Rede
Zauberfluß,
Sein Händedruck,
Und ach! sein Kuß!

Meine Ruh ist hin,
Mein Herz ist schwer,
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.

Mein Busen drängt
Sich nach ihm hin,
Ach dürft ich fassen
Und halten ihn,

Und küssen ihn,
So wie ich wollt,
An seinen Küssen
Vergehen sollt!

24. Zwinger

Inhaltsverzeichnis

In der Mauerhöhle ein Andachtsbild der Mater dolorosa, Blumenkruge davor.

Gretchen steckt frische Blumen in die Kruge.

Ach neige,
Du Schmerzenreiche,
Dein Antlitz gnädig meiner Not!

Das Schwert im Herzen,
Mit tausend Schmerzen
Blickst auf zu deines Sohnes Tod.

Zum Vater blickst du,
Und Seufzer schickst du
Hinauf um sein‘ und deine Not.

Wer fühlet,
Wie wühlet
Der Schmerz mir im Gebein?
Was mein armes Herz hier banget,
Was es zittert, was verlanget,
Weißt nur du, nur du allein!

Wohin ich immer gehe
Wie weh, wie weh, wie wehe
Wird mir im Busen hier!
Ich bin, ach! kaum alleine,
Ich wein, ich wein, ich weine,
Das Herz zerbricht in mir.

Die Scherben vor meinem Fenster
Betaut ich mit Tränen, ach!
Als ich am frühen Morgen
Dir diese Blumen brach.

Schien hell in meine Kammer
Die Sonne früh herauf,
Saß ich in allem Jammer
In meinem Bett schon auf.

Hilf! rette mich von Schmach und Tod!
Ach neige,
Du Schmerzenreiche,
Dein Antlitz gnädig meiner Not!

25. Nacht. Straße vor Gretchens Türe.

Inhaltsverzeichnis

Valentin:

Nun soll es an ein Schädelspalten!

Mephistopheles (zu Faust):

Herr Doktor, nicht gewichen! Frisch!
Hart an mich an, wie ich Euch führe.
Heraus mit Eurem Flederwisch!
Nur zugestoßen! ich pariere.

Valentin:

Pariere den!

Mephistopheles:

Warum denn nicht?

Valentin:

Auch den!

Mephistopheles:

Gewiß!

Valentin:

Ich glaub, der Teufel ficht!
Was ist denn das? Schon wird die Hand mir lahm.

Mephistopheles (zu Faust):

Stoß zu!

Valentin (fällt):

O weh!

26. Nacht. Straße vor Gretchens Türe. Welche Höllenpein.

Inhaltsverzeichnis

Marthe:

Befehlt Eure Seele Gott zu Gnaden!
Wollt Ihr noch Lästrung auf Euch laden?

Valentin:

Könnt ich dir nur an den dürren Leib,
Du schändlich kupplerisches Weib!
Da hofft ich aller meiner Sünden
Vergebung reiche Maß zu finden.

Gretchen:

Mein Bruder! Welche Höllenpein!

Valentin:

Ich sage, laß die Tränen sein!
Da du dich sprachst der Ehre los,
Gabst mir den schwersten Herzensstoß.
Ich gehe durch den Todesschlaf
Zu Gott ein als Soldat und brav. (Stirbt.)

27. Dom

Inhaltsverzeichnis

(Orgelton.)

Böser Geist:

Grimm faßt dich!
Die Posaune tönt!
Die Gräber beben!
Und dein Herz,
Aus Aschenruh
Zu Flammenqualen
Wieder aufgeschaffen,
Bebt auf!

Gretchen:

Wär ich hier weg!
Mir ist, als ob die Orgel mir
Den Atem versetzte,
Gesang mein Herz
Im Tiefsten löste.

Chor:

Judex ergo cum sedebit,
Quidquid latet adparebit,
Nil inultum remanebit.

Gretchen:

Mir wird so eng!
Die Mauernpfeiler
Befangen mich!
Das Gewölbe
Drängt mich! – Luft!

Böser Geist:

Verbirg dich! Sünd und Schande
Bleibt nicht verborgen.
Luft? Licht?
Weh dir!

Chor:

Quid sum miser tunc dicturus?
Quem patronum rogaturus?
Cum vix justus sit securus.

Böser Geist:

Ihr Antlitz wenden
Verklärte von dir ab.
Die Hände dir zu reichen,
Schauert’s den Reinen.
Weh!

Chor:

Quid sum miser tunc dicturus?

Gretchen:

Nachbarin! Euer Fläschchen!

(Sie fällt in Ohnmacht.)

28. Walpurgnisnacht

Inhaltsverzeichnis

Hexen (im Chor):

Die Hexen zu dem Brocken ziehn,
Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün.
Dort sammelt sich der große Hauf,
Herr Urian sitzt oben auf.
So geht es über Stein und Stock,
Es farzt die Hexe, es stinkt der Bock.

Stimme:

Die alte Baubo kommt allein,
Sie reitet auf einem Mutterschwein.

Chor:

So Ehre denn, wem Ehre gebührt!
Frau Baubo vor! und angeführt!
Ein tüchtig Schwein und Mutter drauf,
Da folgt der ganze Hexenhauf.

Stimme:

Welchen Weg kommst du her?

Stimme:

Übern Ilsenstein!
Da guckt ich der Eule ins Nest hinein,
Die macht ein Paar Augen!

Stimme:

O fahre zur Hölle!
Was reitst du so schnelle!

Stimme:

Mich hat sie geschunden,
Da sieh nur die Wunden!

Hexen, Chor:

Der Weg ist breit, der Weg ist lang,
Was ist das für ein toller Drang?
Die Gabel sticht, der Besen kratzt,
Das Kind erstickt, die Mutter platzt.

Hexenmeister, halber Chor:

Wir schleichen wie die Schneck im Haus,
Die Weiber alle sind voraus.
Denn, geht es zu des Bösen Haus,
Das Weib hat tausend Schritt voraus.

Andere Hälfte:

Wir nehmen das nicht so genau,
Mit tausend Schritten macht’s die Frau;
Doch wie sie sich auch eilen kann,
Mit einem Sprunge macht’s der Mann.

Stimme (oben):

Kommt mit, kommt mit, vom Felsensee!

Stimmen (von unten):

Wir möchten gerne mit in die Höh.
Wir waschen, und blank sind wir ganz und gar;
Aber auch ewig unfruchtbar.

Beide Chöre:

Es schweigt der Wind, es flieht der Stern,
Der trübe Mond verbirgt sich gern.
Im Sausen sprüht das Zauberchor
Viel tausend Feuerfunken hervor.

29. Walpurgnisnacht. Servibilis.

Inhaltsverzeichnis

Faust:

Mephisto, siehst du dort
Ein blasses, schönes Kind allein und ferne stehen?
Sie schiebt sich langsam nur vom Ort,
Sie scheint mit geschloßnen Füßen zu gehen.
Ich muß bekennen, daß mir deucht,
Daß sie dem guten Gretchen gleicht.

Mephistopheles:

Laß das nur stehn! dabei wird’s niemand wohl.
Es ist ein Zauberbild, ist leblos, ein Idol.
Ihm zu begegnen, ist nicht gut:
Vom starren Blick erstarrt des Menschen Blut,
Und er wird fast in Stein verkehrt;
Von der Meduse hast du ja gehört.

Faust:

Fürwahr, es sind die Augen einer Toten,
Die eine liebende Hand nicht schloß.
Das ist die Brust, die Gretchen mir geboten,
Das ist der süße Leib, den ich genoß.

Mephistopheles:

Das ist die Zauberei, du leicht verführter Tor!
Denn jedem kommt sie wie sein Liebchen vor.

Faust:

Welch eine Wonne! welch ein Leiden!
Ich kann von diesem Blick nicht scheiden.
Wie sonderbar muß diesen schönen Hals
Ein einzig rotes Schnürchen schmücken,
Nicht breiter als ein Messerrücken!

Mephistopheles:

Ganz recht! ich seh es ebenfalls.
Sie kann das Haupt auch unterm Arme tragen,
Denn Perseus hat’s ihr abgeschlagen.
Nur immer diese Lust zum Wahn!
Komm doch das Hügelchen heran,
Hier ist’s so lustig wie im Prater
Und hat man mir’s nicht angetan,
So seh ich wahrlich ein Theater.
Was gibt’s denn da?

Servibilis:

Gleich fängt man wieder an.
Ein neues Stück, das letzte Stück von sieben.
So viel zu geben ist allhier der Brauch,
Ein Dilettant hat es geschrieben
Und Dilettanten spielen’s auch.
Verzeiht, ihr Herrn, wenn ich verschwinde
Mich dilettiert’s, den Vorhang aufzuziehn.

Mephistopheles:

Wenn ich euch auf dem Blocksberg finde;
Das find ich gut; denn da gehört ihr hin.

30. Walpurgnisnachtstraum

Inhaltsverzeichnis

Intermezzo

Theatermeister:

Heute ruhen wir einmal,
Miedings wackre Söhne.
Alter Berg und feuchtes Tal,
Das ist die ganze Szene!

Herold:

Daß die Hochzeit golden sei,
Solln funfzig Jahr sein vorüber;
Aber ist der Streit vorbei,
Das golden ist mir lieber.

Oberon:

Seid ihr Geister, wo ich bin,
So zeigt’s in diesen Stunden;
König und die Königin,
Sie sind aufs neu verbunden.

31. Trüber Tag. Feld.

Inhaltsverzeichnis

Faust:

Im Elend! Verzweifelnd! Erbärmlich auf der Erde lange verirrt und nun gefangen! Als Missetäterin Im Kerker zu entsetzlichen Qualen eingesperrt, das holde unselige Geschöpf! Bis dahin! dahin! – Verräterischer, nichtswürdiger Geist, und das hast du mir verheimlicht! – Steh nur, steh! wälze die teuflischen Augen ingrimmend im Kopf herum! Steh und trutze mir durch deine unerträgliche Gegenwart! Gefangen! Im unwiederbringlichen Elend! Bösen Geistern übergeben und der richtenden gefühllosen Menschheit! Und mich wiegst du indes in abgeschmackten Zerstreuungen, verbirgst mir ihren wachsenden Jammer und lässest sie hilflos verderben!

Mephistopheles:

Sie ist die erste nicht.

Faust:

Hund! abscheuliches Untier! – Wandle ihn, du unendlicher Geist! wandle den Wurm wieder in seine Hundsgestalt, wie er sich oft nächtlicherweile gefiel, vor mir herzutrotten, dem harmlosen Wandrer vor die Füße zu kollern und sich dem niederstürzenden auf die Schultern zu hängen. Wandl‘ ihn wieder in seine Lieblingsbildung, daß er vor mir im Sand auf dem Bauch krieche ich ihn mit Füßen trete, den Verworfnen! – »Die erste nicht!« – Jammer! Jammer! von keiner Menschenseele zu fassen, daß mehr als ein Geschöpf in die Tiefe dieses Elendes versank, daß nicht das erste genugtat für die Schuld aller übrigen in seiner windenden Todesnot vor den Augen des ewig Verzeihenden! Mir wühlt es Mark und Leben durch, das Elend dieser einzigen – du grinsest gelassen über das Schicksal von Tausenden hin!

Mephistopheles:

Nun sind wir schon wieder an der Grenze unsres Witzes, da, wo euch Menschen der Sinn überschnappt. Warum machst du Gemeinschaft mit uns wenn du sie nicht durchführen kannst? Willst fliegen und bist vorm Schwindel nicht sicher? Drangen wir uns dir auf, oder du dich uns?

Faust:

Fletsche deine gefräßigen Zähne mir nicht so entgegen! Mir ekelt’s! – Großer, herrlicher Geist, der du mir zu erscheinen würdigtest, der du mein Herz kennest und meine Seele, warum an den Schandgesellen mich schmieden, der sich am Schaden weidet und am Verderben sich letzt?

Mephistopheles:

Endigst du?

Faust:

Rette sie! oder weh dir! Den gräßlichsten Fluch über dich auf Jahrtausende!

Mephistopheles:

Ich kann die Bande des Rächers nicht lösen, seine Riegel nicht öffnen. – »Rette sie!« – Wer war’s, der sie ins Verderben stürzte? Ich oder du?

32. Nacht, offen Feld

Inhaltsverzeichnis

Faust, Mephistopheles, auf schwarzen Pferden daherbrausend.

Faust:

Was weben die dort um den Rabenstein?

Mephistopheles:

Weiß nicht, was sie kochen und schaffen.

Faust:

Schweben auf, schweben ab, neigen sich, beugen sich.

Mephistopheles:

Eine Hexenzunft.

Faust:

Sie streuen und weihen.

Mephistopheles:

Vorbei! Vorbei!

33. Kerker

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Margarete:

Was steigt aus dem Boden herauf?
Der! der! Schick ihn fort!
Was will der an dem heiligen Ort?
Er will mich!

Faust:

Du sollst leben!

Margarete:

Gericht Gottes! dir hab ich mich übergeben!

Mephistopheles (zu Faust):

Komm! komm! Ich lasse dich mit ihr im Stich.

Margarete:

Dein bin ich, Vater! Rette mich!
Ihr Engel! Ihr heiligen Scharen,
Lagert euch umher, mich zu bewahren!
Heinrich! Mir graut’s vor dir.

Mephistopheles:

Sie ist gerichtet!

Stimme (von oben):

Ist gerettet!

Mephistopheles (zu Faust):

Her zu mir!

(Verschwindet mit Faust.)

Stimme (von innen, verhallend):

Heinrich! Heinrich!

34. Ende

Inhaltsverzeichnis

Eine Antwort zu „Die Faust-Illustrationen von Edmund Brüning”.

  1. Ja die alte Pracht des Buchschmucks. Wo isse hin?! Einer der vielen Gründe, die antiquarischen Schätze der Kaiserzeit zu heben. Habe einen großformatigen Schiller-Balladen-Band in ähnlicher Pracht. Und natürlich die „Germania“ von 1905, die in früheren Ausgaben „Bildersaal deutscher Geschichte“ hieß.

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