Ich bin schon lange davon abgerückt, missionarisch dafür zu werben, Filme und Serien doch möglichst im Originalton ggf. mit Untertiteln zu schauen. Die Diskussion ist müßig und wird nicht selten auch als elitäre Debatte wahrgenommen, die zu nichts führt. Letztlich muss es jeder selbst entscheiden und heutzutage hat man auch in den meisten Fällen die Wahl. Allerdings kann ein dezenter Hinweis dann und wann nicht schaden. Das hat sich vielleicht auch Sky gedacht und vor der ersten Folge der Eigenserie Munich Games diese Texttafel eingeblendet:
„Können mit der Tonoption ‚Original‘ der kreativen Vision der Macher folgen“, die Formulierung gefällt mir. Dass das wichtig ist, gilt generell für alle Filme und Serien, aber noch mehr bei solchen Produktionen, in denen mehrere Sprachen gesprochen werden und wo die unterschiedlichen Sprachen ein wichtiger Teil der Handlung sind.
Neben Munich Games ist ein weiteres gutes Beispiel die gerade gestartete Netflix-Serie 1899, in der neben Deutsch und Englisch etliche europäische Sprachen sowie Japanisch und Mandarin gesprochen werden. Alle Schauspieler spielen hier in ihrer Muttersprache; und das ist kein Gimmick, sondern der Handlung entsprechend sinnvoll. Wer von den Personen wen wann versteht oder nicht versteht, ist ein Teil des Konzepts. Testweise habe ich mal kurz auf die deutsche Synchronisation geschaltet, um zu hören, wie man das dort gelöst hat. Man wird doch wohl nicht einfach alle Dialoge stumpf deutsch synchronisert haben, oder? Doch, genau das hat man getan. Nicht selten führt das dazu, dass Szenen gar keinen Sinn ergeben. Ein solcher Hinweis wie bei Sky, wäre auch hier dringend nötig gewesen. Vielleicht lässt sich doch noch der eine oder andere Zuschauer überzeugen. Auch wenn ich nicht mehr missionieren will, selten gilt so sehr wie hier: O-Ton mit Untertiteln einschalten!
Noch bis zum 13.01.2022 kann man bei Humble Bundle ein umfangreiches digitales Comic-Paket von Autor Ed Brubaker zu einem Schnäppchenpreis erwerben. Für 22,14€ erhält man 41 Bände, was nahezu dem gesamten Werk entspricht, das Brubaker seit 2012 bei Image Comics veröffentlicht hat. Wer die Spendierhosen anhat, kann auch gerne mehr zahlen, was dann humblebundlemäßig einem guten Zweck zu Gute kommt.
Humble Bundle ist ohnehin eine gute Sache. Seit vielen Jahren schnüren die dort tolle Comic-, Bücher-, Spiele-, und Softwarepakete, die für wenig Geld angeboten werden, im Prinzip: pay what you want. Anders als bei analogen Resterampen im Supermarkt, gibt es hier echt hochwertiges Zeug. Dieses Konzept geht auf und alle Beteiligten profitieren.Pluspunkt: Es wird generell auf Kopierschutz- und DRM-Methoden verzichtet. Die Bücher bekommt man als PDF, ePub, und CBZ (gezippte JPGs).
Das aktuelle Angebot gibt mir eine gute Gelegenheit, endlich mal Ed Brubaker und Sean Phillips zu preisen. Deren Werke stehen bei mir ganz oben in der Topliste. Brubaker arbeitete viele Jahre für DC und Marvel, bevor er 2012 zu Image ging, um dort seine eigenen Stories zu verwirklichen. Die Kollaboration mit Zeichner Sean Phillips geht zurück auf Batman: Gothic Noir aus dem Jahr 2001. Seit Brubaker für Image schreibt, arbeitet er fast ausschließlich mit Phillips zusammen. Diese langjährige Partnerschaft zahlt sich erzählerisch aus. Story, Text und Bild wirken immer wie aus einem Guss und stets habe ich das Gefühl, dass bei Brubaker und Phillips ein bischen mehr Geschichte auf einer einzigen Seite transportiert wird. Brubakers Spezialgebiet ist Crime. Verbrechen, Krimi, gerne hardboiled, oft mit Noir-Elementen versehen. Zudem hat er ein großes Horror-Epos und eine knackige Geheimagenten-Serie geschrieben.
Eine kleine Zusammenfassung der im Bundle enthaltenen Comics:
Scene of the Crime ist eine frühe Miniserie, die ursprünglich 1999 beim DC-Imprintverlag Vertigo erschien, hier als Image-Neuauflage von 2012 mit Extras enthalten. Es geht um den Privatdetektiv Jack, der beauftragt wird, eine verschwundene Frau zu finden. Die Spur führt schnell zu einer Hippie-Sekte, die in eine Erpressung verstrickt zu sein scheint. Nur ein Tag nachdem Jack die Frau aufgespürt hat, wird sie in ihrem Hotelzimmer erschossen, woraufhin Jack alles daransetzt, den Fall zu lösen. Die Story hat schon alle typischen Elemente, die Brubaker in späteren Comics wieder aufgreift und verfeinert. Noch etwas ungeschliffen und ohne die Zeichnungen von Sean Phillips, der hier nur die Zeichnungen von Michael Lark geinkt hat.
Criminal ist eine umfangreiche Serie, die 2006 gestartet ist und zu der Brubaker und Phillips seitdem immer wieder mal was Neues machen. Es handelt sich um moderne Hardboiled-Krimi-Kost, die klassische Klischees und Tropes auf schönste Weise zelebriert. Die Serie umfasst mehrere in sich abgeschlossene Story-Arcs und einige One-Shots und Graphic Novels, die über einen Zeitraum von mehreren Dekaden von zwei Gangster-Familien in einer fiktiven Stadt erzählen. Gilt zu Recht als das große Crime-Epos von Brubaker/Phillips und wurde mit drei Eisner-Awards ausgezeichnet. Das Humble Bundle enthält die komplette Serie mit Ausnahme der Graphic Novel Bad Weekend, die zum Verständnis aber nicht nötig ist.
My Heroes have always been Junkies ist eine der Graphic Novels, die zum Criminal-Universum gehören. Der Comic gibt einen Einblick in die Teenager-Zeit von Ellie, eine Nebenfigur aus einer früheren Criminal-Geschichte. Ein interessanter weiblicher Gegensatz zum Rest von Criminal, der sehr männlich geprägt ist. Allerdings macht der Titel klar, dass auch bei Ellie eher Tragik und Melancholie angesagt sind. Kann man auch gut völlig unabhängig von Criminal lesen. Steht für sich allein.
Fatale, erschienen zwischen 2012 und 2014 in vierundzwanzig Einzelheften bzw. fünf Sammelbänden, ist die Serie, die mich zu Brubaker und Phillips gebracht hat. Bisher meine Lieblingsserie der Beiden, was zugegebenermaßen auch am Thema liegt. Der Hauptplot dreht sich um Jo, eine mysteriöse Frau, die unsterblich zu sein scheint und der Männer auf fatale Weise verfallen, was nicht selten mit deren Tod endet. Doch Jo ist kein kaltblütiges Monster, sondern selbst eine Gefangene ihrer Anziehungskraft. Verzweifelt versucht sie dem jahrhundertealten Fluch zu entkommen, während sie vor dunklen Gestalten eines fanatischen Kultes flieht, der es auf sie abgesehen hat. Brubaker hat eine archetypische Femme Fatale in eine verschachtelte Story aus Noir-Krimi und kosmischem Lovecraft-Horror gesteckt. Das Ganze ist düster, blutig, sexy und in letzter Konsequenz auch zutiefst romantisch. Die Serie vereint alles, was im besten Pulp-Sinne fantastisch ist. Das Humble Bundle enthält die komplette Serie.
Velvet ist Brubakers extrem schicke Geheimagenten-Serie. Velvet Templeton arbeitet beim britischen Geheimdienst und deckt dort eine Verschwörung in den eigenen Reihen auf und rächt den Tod ihres Mannes. Ja, das ist James Bond, Modesty Blaise und Mission Impossible in einem. Alle typischen Elemente aus Geheimdienst-Thrillern werden hier erwartungsgemäß verarbeitet. Die Geschichte spielt in den 1980ern, springt aber immer wieder zu Ereignissen der vorherigen 40 Jahre. Verschiedene Handlungsorte rund um die Welt, Gadgets, Bösewichte, Verfolgungsjagden; es ist ein wilder Ritt, der mir viel Spaß gemacht hat. Velvet ist neben dem obigen Scene of the Crime der einzige Comic hier im Bundle, der nicht von Sean Phillips gezeichnet wurde. Verantwortlich für die Zeichnungen hier ist der großartige Steve Epting. Das Tüpfelchen auf dem i sind die Farben von Elizabeth Breitweiser. So sehr mir Sean Phillips einzigartiger Stil auch gefällt, für diese Art von flashiger Geheimagenten-Action waren Epting/Breitweiser genau die richtige Wahl. Ob regnerisches London, sonniger Bahamas-Strand, Karneval in Monaco, versiffter Hinterhof in Paris oder intime Bettszene im Hotelzimmer. Die Farben und Schatten sowie der Szenenaufbau machen Velvet zu einem außergewöhnlich stimmungsvollem Comic mit Filmcharakter. Brubaker hatte mit Velvet eigentlich noch einiges vor, sogar eine Fernsehserie war mal im Gespräch. Aber seit dem Finale des Comics in 2016 gabs in dieser Hinsicht keine Neuigkeiten. Das Humble Bundle enthält den kompletten Comic.
Wenn Fatale der Krimi für Horrorfans ist, dann ist The Fade Out der Krimi für Filmfans. Erzählt wird hier nämlich von einem Mordfall im Hollywood der 1940er Jahre. Der abgehalfterte Drehbuchautor Charlie Parish gerät zwischen die Fronten von korrupten Filmstudio-Bossen und dem FBI, während er versucht, den Mord an einer Schauspielerin aufzuklären. Ein klassischer Krimi, durch und durch Film Noir, der keinen ganz unrealistischen Blick auf die damalige Filmwelt wirft. Der Comic ist teilweise inspiriert durch Brubakers Onkel, dem Drehbuchautor John Paxton. Nach Fatale mein zweiter Lieblingscomic.
In Kill or be Killed erscheint dem depressiven jungen Mann Dylan eines Abends ein Dämon, der von Dylan von nun an verlangt, jeden Monat einen Menschen zu töten, wenn er weiterleben will. Die Ich-Erzählperspektive, die Brubaker auch in allen anderen Comics anwendet, funktioniert hier besonders gut, denn man bekommt so direkt Einblick in die Gedankenwelt von Dylan, der selbst nicht weiß, ob der Dämon real ist oder nur eine unterbewusste Manifestation seines eigenen Drangs zu töten. Die Geschichte ist hart und stellenweise unangenehm zynisch, aber ein interessanter Ansatz, die Motivation eines Vigilanten und Antihelden zu erklären, die man so noch nicht gelesen hat. Das Ende kann zudem noch mit einem Schock aufwarten. Eine Verfilmung ist angekündigt. Das Bundle enthält die komplette Serie.
In der Graphic Novel Pulp geht es um den alternden Autor Max Williams, der 1939 in New York seinen Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Westerngeschichten für Pulp-Hefte verdient. Ein Pinkerton-Agent, der es mit dem Gesetz nicht so genau nimmt, erkennt Max als einen gesuchten Räuber von vor 40 Jahren und schlägt ihm vor, noch ein letzes großes Ding zu drehen. Sie wollen das örtliche Büro einer Nazi-Organisation überfallen, von wo aus angeblich containerweise Schwarzgeld nach Deutschland verschifft wird. Pulp ist eine recht geradlinige Krimi- und Rachegeschichte mit einem interessanten Hintergrund über die Nazi-Umtriebe in den USA der 30er Jahre; ein Thema, das bisher eher selten in der Popkultur behandelt wird. In einer einmaligen Graphic Novel bleibt leider kein Platz, das Thema detailierter auszuleuchten. Hier wäre Potential für eine Serie gewesen.
Reckless ist schließlich die neuste Graphic-Novel-Serie des Duos Brubaker und Phillips. Jeder Band erzählt eine abgeschlossene Geschichte aus dem Leben eines Typen names Ethan Reckless, der 1980 in Los Angeles „Probleme“ für andere Leute löst. Gegen Bezahlung versteht sich. Reckless hat ein bischen was von Criminal, nur positiver. Ethan ist eigentlich ein guter Kerl, auch wenn er sich selten an Gesetze hält. Von den bisher drei erschienenen Bänden sind zwei im Humble Bundle enthalten.
Die Comics im Bundle sind in englischer Sprache. In Deutschland sind von diesen Comics leider bisher nur wenige erhältlich. Velvet ist komplett in drei Bänden bei Dani Books erschienen. Kill or be Killed komplett bei Splitter in vier Bänden. Von Fatale hat Panini leider nur die ersten drei Bände rausgebracht, was natürlich sinnlos ist. Dafür sind bei Panini immerhin die ersten sechs Bände von Criminal erschienen. Was von Criminal nach 2011 rauskam, fehlt bisher. Zu guter Letzt ist damals Scene of the Crime von Speed Comics veröffentlicht worden. Diese deutschen Ausgaben sind teilweise vergriffen. Wer daran Interesse hat, muss sich auf dem Gebrauchtmarkt umsehen. Nicht zuletzt gilt daher auch meine Empfehlung, erst mal dieses fantastische Humble Bundle abzugreifen. Mehr erstklassige Comics bekommt man für das Geld nicht.
Ich wollte auch mal etwas bei Wish bestellen, aber keinen nutzlosen Plastikschrott. Nach ausgiebiger Suche habe ich mich für ein paar Tee-Utensilien entschieden und bin nicht enttäuscht worden.
Dieses niedliche Hippo aus Yixing-Ton (mit Künstlerstempel) war mit 17,20€ inkl. Versand kein echtes Schnäppchen, aber angemessen. Für eine Tonfigur in der Größe zahlt man bei einem deutschen Händler um die 25€. Leider gibts nur wenige deutsche Händler, die solche Figuren anbieten.
Ein Deckelhalter hat mir zu meinem Tee-Glück noch gefehlt. Diese Krabbe erledigt den Job vorzüglich. Sie trägt nicht nur Gaiwan-Deckel, sondern auch kleinere Tonkannendeckel. Schwere Ausführung, Kupferlegierung.
Und zu guter Letzt eine aufschraubare Pu-Erh-Nadel, präzise gefräst aus einer Messingstange. Schönes Ding, aber ein bischen zu dünn und aufgrund der Kürze und dem scharfkantigen Ende nur für locker gepresste Teekuchen geeignet. Ich habe einige knüppelharte Tee-Bricks, für die man besser eine griffigere Alternative verwendet, die sich nicht in den Handballen bohrt.
Letzteres ist das größte Übel bei Wish. Die Suchfunktion, die bei jeder Suche tausend Sachen anzeigt, die mit dem Suchbegriff rein gar nichts zu tun haben, damit Nutzer zum Kauf von billigem Schund verführt werden, den sie eigentlich nicht brauchen. Für mich der Grund, warum ich bei Wish nicht öfter bestellen werde. Preislich sind eBay und AliExpress übrigens oft ebenbürtig, wenn nicht sogar günstiger.
In my image, I created this third person and sculpted this thing with bodybuilding, grew my hair long, then learned kickboxing so I could beat up people in real life. I’m a full-busted bitch Barbarella.
Julie Strain
Am 10. Januar ist die amerikanische Pinup- und B-Film-Ikone Julie Strain im Alter von 58 Jahren gestorben. Nach über 130 Filmen verschwand sie 2009 fast unbemerkt aus der Öffentlichkeit. Ein Schock, als 2018 die Nachricht die Runde machte, dass sie an einer rasch fortschreitenden Form von Demenz erkrankt war. Die führte man auf eine Gehirnverletzung zurück, die Julie Mitte der 80er Jahre bei einem Reitunfall erlitt. Schon damals verursachte der Unfall eine vorübergehende Amnesie, so dass sie grundlegende Dinge neu erlernen musste. Nun hat sie dieser Unfall wieder eingeholt. 30 Jahre später. Ein Streich des Schicksals. Julies langjähriger Lebensgefährte hat auf Facebook eine bewegende – und mir fast zu intime – Erklärung über ihr Ableben veröffentlicht.
Meine erste Begegnung mit Julie Strain war Beverly Hills Cop III. Dort muss man genau hinsehen, um sie zu erkennen. Sie hat in dem Film einen Mini-Auftritt im Werbeclip für den „Annihilator 2000“.
Kurz darauf tauchte sie in Die nackte Kanone 33 1/3 auf. Als Dominatrix in der Samenbank. No kidding. Ja, 1994 war das noch lustig. Der Auftritt währte nur einen kurzen Male Gaze von unten nach oben.
Die 90er Jahre hindurch, als ich viel Zeit in Videotheken verbrachte, sah ich sie dann öfter in deutlich größeren Rollen, aber in merklich billigeren Filmen. Sie war immer diejenige, die alle anderen um einen Kopf überragte. Und das nicht nur, wenn sie High Heels trug. Über ihre Ambitionen in Sachen Schauspiel sagte Julie einmal unverblümt, dass sie „lieber sexy und gut aussähe, als eine gute Schauspielerin zu sein – und dafür so auszusehen, wie diese Tussi in Fargo“, womit sie natürlich Frances McDormand meinte („I’d rather be sexy and look good, than be a great actress – and look like that chick who did Fargo.“).
Auch deswegen musste man Julie mögen. Sie nahm kein Blatt vor den Mund und machte sich selbst nichts vor. Das ist wahrscheinlich ein Grund, warum es ihr von all den Pinup-Models und B-Film-Sternchen gelang, ihren eigenen Namen zur Marke zu machen. Das und ihre Entschlossenheit. In der Dokumentation Some Nudity required (1998) erzählt sie davon, wie sie als Kind unter dem Bett ihrer Mutter Playboy-Hefte fand und davon träumte, eines Tages „eine dieser schönen Frauen zu sein“. Und wie es später ihr „Masterplan“ war, Penthouse-Pet zu werden und dann Pet of the Year, um mit diesem Titel an Filmrollen zu kommen und die Leiter nach oben zu klettern. Da ist die klare Erkenntnis, dass sie von diesem Business, von diesen Filmen ausgenutzt wird („exploited“), sie selbst aber auch im Gegenzug diese Filme nutzt, um dorthin zu gelangen, wo sie hinwill. Ein fairer Deal in ihren Augen. Zumal sie mit ihren Nacktauftritten nie ein Problem hatte: „Ich zeige lieber meine Titten und krieg dafür 1000 Dollar, als im Restaurant zu arbeiten. Ich war sowas von bereit, meinen Körper mit der Öffentlichkeit zu teilen, als ich mit 28 in dem Business anfing, es war mir egal […] Ich liebte es, mich zu zeigen“ („I’d rather show my tits and make a thousand bucks than work in a restaurant! I was so ready to share my body at age twenty-eight when I really got started in this business, I didn’t mind […] I enjoyed showing off.“).
Dass Julie im Penthouse landete, war dem Zufall geschuldet. Sie kam eigentlich nach Los Angeles, um ihren Traum vom Playboy-Model zu verwirklichen. Sie schaffte es in das Tall-Girls-Pictorial der Juli-Ausgabe 1991. Aber nach Julies Bewerbung zum Playmate, vertröste sie der Playboy und lies sie im Unklaren über ihre Zukunft beim Heft. Da bedurfte es nicht mehr viel Überredungskunst von Fotografin Suze Randall, die Julie unbedingt für den Penthouse haben wollte.
Als Julie Strain einige Jahre später auf Kevin Eastman traf, fanden sich zwei Gleichgesinnte. Kevin Eastman war der Erfinder der Teenage Mutant Ninja Turtles und Herausgeber des amerikanischen Comic-Magazins Heavy Metal. Ihre Ehe hielt zwar nicht, führte aber zu gemeinsamen Veröffentlichungen und half, Julies Status als Pinup-Ikone zu zementieren. Julie wurde etliche Male im Heft und auf dem Cover von Heavy Metal gefeatured und wurde so zum Modell vieler bekannter Maler und Comic-Zeichner, darunter Boris Vallejo, Olivia DeBernardis, Simon Bisley, Alfonso Azpiri, Luis Rojo, Juan Giménez, Hajime Sorayama und viele mehr, die alle von ihr in höchsten Tönen schwärmten. Hier eine Auswahl ihrer Heavy-Metal-Titel:
Aus der Zusammenarbeit von Julie Strain und Kevin Eastman entstand das Sequel zum Kultfilm Heavy Metal, das als Heavy Metal 2000 in den USA und als Heavy Metal F.A.K.K.2 in Deutschland ins Kino kam. Julie, die in dem Film ihr animiertes Alter Ego spricht, übernahm natürlich gleich die Promotion für den Film, da außer ihr niemand sonst diesen absurd pornösen Hauch von Nichts tragen konnte.
Eine ganze Galerie mit Promofotos zum Film findet man beim Wortvogel.
2001 erschien beim Heavy-Metal-Verlag das Buch „Julie Strain’s Greatest Hits“, das ich mir, damals noch ganz vom Julie-Fieber gepackt, direkt bestellte. Wenn man ein Buch von und über Julie Strain braucht, dann dieses. Greatest Hits beinhaltet die zuvor veröffentlichten Bücher „It’s only Art if it’s well hung“ und „Six Foot One and worth the Climb“, ergänzt um zusätzliches Material. Auf 300 Seiten gibt es die volle Julie-Strain-Packung von hart bis zart, von Trash bis Kunst.
Kurz darauf erschien mit „A Nightmare on Pin Up Street“ ein zweites dickes Buch. Dieses enthält etwa zu einem Drittel Bilder von Julie und zeigt sonst vorwiegend Fotos, die Julie von ihren Model-Freundinnen geschossen hat. Somit ist das Teil eher was für Komplettisten.
Neben Penthouse und Heavy Metal war Julie über die Jahre in einer Unmenge anderer Magazine zu sehen. Hier eine kleine Auswahl von Covern und Anzeigen. Actionfiguren gab es auch.
Nach dem Buch Greatest Hits habe ich Julie dann langsam aus den Augen verloren. Die Filme, die immer billig waren, wurden noch billiger. Bis hin zur Unguckbarkeit. Statt B-Filme sind dass dann auch mal Z-Filme gewesen. Beginnend mit Mitte der 2000er drehte sie deutlich weniger Filme und ihre Auftritte wurden seltener. Einige Jahre zuvor, als sie Guns of El Chupacabra drehte, wurde sie gefragt, wie lange sie das hohe Pensum noch durchhalte. Sie antwortete: „Ich gehe in Rente, wenn ich 40 bin. Ich hoffe, dass ich leise abtreten kann, aber ich bin Christin, daher muss ich das Gott überlassen […] Ja, die Nackt- und Liebesszenen gefallen Christen nicht, aber wer sind die, dass sie über mich urteilen? In meinem Buch Six Foot One and worth the Climb spreche ich das an. Ich nenne es Das Zeugnisgeben. Wenn ich nur eine Seele retten kann, die in den Himmel kommt, weil ich meine Titten gezeigt habe, dann habe ich meinen Job für Jesus getan. Titten für Jesus!! Das ist mein Motto („[I am] going to retire when I’m 40. I hope I can go quietly, but I am a Christian so I have given that worry to God […] Yes, the nudity and love scenes probably doesn’t sit right with Christians. But who are they to judge? I address Christianity in my book, Six Foot One and worth the Climb. It’s called The Witnessing. If I can save one soul – that’s one going to heaven because I showed my tits – then I have done my job for Jesus. Tits for Jesus!! That’s my motto.“).
Viel besser kann ich dieses Posting kaum ausklingen lassen, als mit diesen augenzwinkernden, fast schon prophetischen Worten. Rente mit 40 hat nicht ganz geklappt. Aber ein leiser Abtritt von der irdischen Bühne war es. Ein verdammt leiser. Ein Gegensatz zu dem lauten und grellen Rest ihres Lebens.
Zum Abschluss folgen noch Screenshots aus 30 ihrer Filme, die zwischen 1990 und 2003 entstanden sind, chronologisch geordnet. Das entspricht gerade mal einem Viertel von Julies gesamtem Spielfilm-Output. Ich habe tatsächlich alle Filme durchgeschaut und eigenhändig Screenshots erstellt. Eine Heidenarbeit. Und der Hauptgrund, warum der Nachruf erst jetzt erscheint und nicht schon drei Wochen früher.
Ich habe schon seit langer Zeit ein großes Interesse an der Kunst von Félicien Rops, dem belgischen Symbolisten, der teuflischer Erotiker wie gesellschaftskritischer Provokateur war, der als wichtiges Bindeglied zwischen den Künstlern und Literaten des fin de siècle fungierte und nebenbei auch noch als genialer Handwerker die Radiertechnik verfeinerte. Seine Bilder findet man auf verschiedenen Seiten im Internet wie Wikipedia, numeriques.be oder zeno.org. Das Musée Félicien Rops in Namur zeigt seinen digitalisierten Bestand hier.
Unter ropslettres.be wird ein weiterer Schatz in Form von Rops‘ Briefen und Korrespondenz für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zurzeit sind dort über 3500 seiner Briefe digitalisiert und transkribiert abrufbar, davon über 400, die Rops mit Illustrationen versehen hat. Wie es sich für ein solches Archiv gehört, lässt es sich im Volltext durchsuchen und nach Adressat, Orten, Themen, usw. filtern, so dass man schnell interessante Funde machen kann. Was schrieb Rops an Baudelaire? Was sagte er über Bismark? Oder Flauberts Madame Bovary? Wann war er in München und Berlin?
Félicien Rops im Selbstbildnis als Vielschreiber
Für den Anfang – mal schauen, ob ich hieraus eine Serie mache – habe ich einen Brief ausgesucht, den Rops an den Juristen und Autor Edmond Picard am 11. April 1879 schrieb. Picard war Rops-Fan und Besitzer einiger seiner Werke. Im Archiv finden sich alleine 60 Briefe adressiert an Picard.
Dieser Brief ist in vielfacher Hinsicht interessant. Er zeigt Rops‘ Abneigung gegenüber banaler, vervielfältigter Alltagsillustration in Magazinen, er zeugt von Rops‘ Prinzipien gegenüber seiner eigenen Kunst und von seinem Anspruch an seine Modelle; und wenn Rops augenzwinkernd erklärt, wie er die Kosten für seine Modelle im Hauptbuch verrechnete, wenn er denn ein Hauptbuch führen würde, offenbart der Brief auch Rops schelmischen Humor. Seine Preisliste erinnert an die berühmten Priceless-Memes von heute. Auch wenn Rops das alles hypothetisch verpackt, dürften diese Angaben sowie sein Werben um „außergewöhnliche Modelle“ nicht weit von der Realität entfernt gewesen sein.
Zu guter Letzt nennt der Brief auch noch zwei harte Fakten: Rops‘ Pariser Adresse, wo er zu dieser Zeit residierte und, was besonders interessant ist, für welchen Preis ein echter Rops den Besitzer wechselte.
Hier folgt der vierseitige Brief in meiner deutschen Übersetzung, nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt. Zu jeder Seite habe ich noch ein paar erklärende Fußnoten angefügt.
Ich war in diesen Tagen so sehr mit „La Vie Moderne“1 beschäftigt, dass ich Ihren freundlichen und herzlichen Brief nicht beantworten konnte. Charpentier, nicht der alte Herausgeber und Ziehvater des Format Charpentier2, sondern sein Sohn, ein junger und intelligenter Mann, der vor nichts zurückschreckt; er ist ein Freund von mir und er bat mich, ihm bei der Einführung seiner Zeitung kräftig unter die Arme zu greifen. Ich verweigerte mich der künstlerischen Ausrichtung der erwähnten Zeitung und wandte meine Lippen von diesem bitteren Kelch ab, obwohl wir den Kelch vergolden und seine Ränder schmücken wollten. Ich kenne den „genus irritabile vatum“3 der Maler zu gut, um nicht eine gesunde Scheu vor ihm zu haben. Ich bin bereit, an La Vie Moderne mitzuarbeiten, wenn auch ohne „Illustrationen“ im absoluten Sinn des Wortes anzufertigen. Sie werden meine Zeichnungen reproduzieren und damit ist alles gesagt.4 Ich denke, dass der Beruf des Zeitungsillustrators ein trauriger Beruf ist, und ich verabscheue, wie Sie, Banalität, und sogar Popularität! Ich glaube, dass Kunst eine Art Druidentum ist und dass die Nasen von Narren nichts damit zu tun haben. Es ärgert mich,
Originalbrief Seite 1Radierung von Rops in La Vie Moderne, 2.10.1880
1 Rops verfolgte zusammen mit dem Journalisten Armand Gouzien bereits 1868 den Plan eine Zeitung in Paris herauszugeben, die er in seiner Korrespondenz unter verschiedenen Titeln erwähnte: La Vie Moderne, Rops-Magazine, Feuilles Volantes. Gründungen der Zeitung scheiterten jedoch 1871 und 1873 an einem Verbot. Die im Brief erwähnte La Vie Moderne wird schließlich 1879 von Georges Charpentier gegründet, an der Rops sich beteiligte. Charpentiers Verlag ging finanziell jedoch die Luft aus, so dass die Zeitung bereits 1883 wieder eingestellt wurde.
2 Der „alte Herausgeber“ bezieht sich auf den Vater von Georges, Gervais Charpentier, der mit dem sogenannten Format Charpentier, auch als Oktodez bezeichnet, ein neues Buchformat etablierte.
3 Genus irritabile vatum, Zitat aus Horaz‘ Episteln (II, 2, 102): „Das reizbare Geschlecht der Dichter“.
4 Rops meint hiermit, dass er keine Werke speziell für die Zeitung anfertigen wird. Stattdessen stellte er bereits vorhandene Bilder zur Verfügung (siehe links).
zu wissen, dass der erste Dummkopf, der vorbeikommt, meine Arbeit für zehn Sous kaufen kann. Ich treibe es sogar bis zum Äußersten. Ich will Ihnen zeigen, wie viel mir dieser Glaubensgrundsatz bedeutet: ich schickte die Pornocratie1 nach Brüssel, um sie vor einem sehr reichen Monsieur in Sicherheit zu bringen, der sie in eine kleine schmutzige Sammlung stecken wollte, in deren Ruhm er sich sonnt und die gute Malerei für 40 Francs enthält, wenn man denn einen sehr schönen Tassairt2 entfernte, den er überdies nicht versteht und der nicht schlimmer ist als meine Nackten. Ich hätte mich für die törichten lüsternen Blicke auf diese tapfere große nackte Prostituierte geschämt, und als der Monsieur mir neue Angebote machte, antwortete ich ihm, dass das Bild verkauft und weg sei. Ehrlich gesagt, man muss wissen, wo man seinen Kindern einen Platz gibt.
Ich bin sehr froh, dass Ihnen die Pornocratie gefallen hat. Ich habe versucht, „mein Bestes“ zu geben. Wenn Sie einen Liebhaber für sie finden, würde mich das freuen, ansonsten behalte ich sie für mich. Ich will keinen hohen Preis. Ihnen, oder einem engen Freund von Ihnen, überlasse ich dieses Bild für fünfhundert Francs.3 Unter uns gesagt, es kostet mich nicht viel weniger. Ich benutze keine gewöhnlichen Modelle und die seltsamen Geschöpfe, die wie die geheimnisvolle Isis bereit sind, ihr Prinzessinnenkleid in meinem Studio auszuziehen, legen mehr Wert auf Aufmerksamkeit als auf Geld, und nichts ist so teuer wie Aufmerksamkeit! Führte ich ein übles „Hauptbuch“ meiner Arbeit, schrieb ich etwa hinein
Original-Brief Seite 2Pornocratie, Gouache und Wasserfarben, 1878
1Pornocratie (auch Pornokratès, La dame au cochon oder Die Dame mit dem Schwein) entstand 1878 und sorgte bei einer Ausstellung des Cercle des XX für einen Skandal. Picard kaufte das Bild und lobte Rops überschwänglich:
„Ach! vortrefflicher Freund, Sie müssen resignieren: für das vulgum pecus, unfähig, Ihre mächtige und grausame Kunst zu entwirren, sind Sie wahrscheinlich nichts weiter als ein Pornograph. (…) Wie können wir hoffen, dass die Masse jemals die komplizierte Kunst durchdringen wird, eine Mischung aus Realität und Vision, die Sie zu einem der größten Künstler dieses Jahrhunderts macht, ohne Vorgänger, gewiss, und wahrscheinlich ohne einen Nachfolger? (…) Diese grandiose Kunst, in der sich das weibliche Wesen, das unsere Zeit beherrscht und das sich so ungeheuer von seinen Vorfahren unterscheidet, in Formen manifestiert, die nur die scharfe Seele eines großen Künstlers zu erreichen vermag, entzieht sich dem gewöhnlichen Blick.“ (zitiert nach Camille Lemonnier, „Félicien Rops“, 1908, S. 16), Quelle.
2 Rops schreibt den Namen falsch. Gemeint ist Octave Tassaert.
15. März: Den Kopf von Mademoiselle Rose Partout skizziert – minorenn,emanzipiert, ihr Kapital genießend, die bereit ist, mich acht Tage lang mit ihrer Schönheit zu verwöhnen
Suppe bei Brébant1 – 46 Fr 60
16. März: Der Brust der Obengenannten Gestalt gegeben – 00,00
Sommer in Bougival2 – 25,30
17. März: Lumbale Muskeln der Obengenannten angedeutet – 00,00
Der Obengenannten eine Loge für die Premiere des Bas de laine im Palais Royal angeboten – 28,00
Erlittener Schaden meines Ansehens, als ich mich den erstaunten Augen von Madame und Monsier Zola und Alphonse Daudet zeigte, allein in einer Loge mit einer jungen Dame, die Zulu-Hüte3 trägt und sechzig glasierte Orangenviertel in drei Stunden lutschte! – 00,00
Die Bewunderung und den Neid von Gaston Bérardi erregt zu haben – 00,00
Kosten für Geist und Witz – 00,00
Rückfahrt mit Kutsche der Firma „l’Urbaine“4 – 5,00
. . . . . . . . . . . . .
Und so weiter. Bis die Pornocratie vollendet ist! Das ist mein Prozess, und wenn alle Maler das täten, würde man nicht zwanzigmal auf den Bildern
Originalbrief Seite 3Taxi von l’Urbaine, 1912 (Quelle)
1 Aus anderen Briefen ist ersichtlich, dass es sich um das Restaurant Le Brébant am Boulevard Poissonnière handelt, das Paul Brébant 1865 eröffnete und das heute immer noch an gleicher Stelle steht. Zu Rops Zeiten wurden dort literarische Dinner veranstaltet, wo sich Künstler, Schriftsteller und Politiker trafen.
2Bougival, westlich von Paris, war ein beliebter Ausflugsort für Rops und andere Künstler, vor allem die Impressionisten.
3 Mit dem Begriff will Rops wohl nur ausdrücken, dass es sich um eine extravagante Hutmode handelte. Dass es wortwörtlich um Zulu-Hüte geht, scheint mir unwahrscheinlich.
4 Die Compagnie Parisienne de Voitures l’Urbaine wurde 1872 von Gustave Camille gegründet und entwickelte sich schnell zum beliebtesten Taxiunternehmen in Paris. 1880 besaß die Firma über 1000 Kutschen und 2000 Pferde. Mit 5 Francs war diese Kutschfahrt deutlich teurer als der Tageslohn eines durchschnittlichen Arbeiters, der etwa bei 3,40 Francs lag.
von Stevens, vierzigmal auf den Bildern von Vibert, elfmal auf den Bildern von Toulmouche, das Porträt von Mademoiselle Daniel sehen, eine Rothaarige, „die wir kennen“ und die seit dem glücklichen Alter von vierzehn Jahren ihre Zeitgenossen auf Vertragsbasis erfreut. Ich hasse das; und diese Tränken, wo Mussets streunende Hunde hingehen!1 Nur versichere ich Ihnen, dass man Mut, gute Gesundheit, „das Gefühl seiner Kraft und Tugend“ und sein Gewissen haben muss! Man weiß nicht, wie es ist, drei Stunden mit einer jungen Dame zu verbringen, die wie ein Ara lacht, sobald Montbart2 auftaucht! Und zu denken, dass die große Venus so war! Und dass auch sie sagen würde: die „passage Soijeul“ und die rue Rochoir!!3 Und noch mehr glasierte Orangen essen würde!
Nochmals vielen Dank für Ihre freundliche Zustimmung. Es unterstützt und erfreut. Vergessen Sie mich nicht, wenn Sie nach Paris kommen und notieren Sie sich vorher meine Adresse: 13 Rue Labie porte Maillot.4 Keine Sorge, ich werde die Klappläden nicht vulgarisieren. Es wird nicht vulgarisiert, der „bourgeoise“ alte Philister mag das nicht.5 Die mystische Seite der Läden lässt ihn an den Tod denken. Die Tryptichen werden für uns reserviert sein. Ich möchte zwei Grisaillen machen – sehr lang, in der Höhe der Läden für die Pornocratie. Es stimmt, Satin ist ein bisschen mädchenhaft; es ist besser, Holz zu bevorzugen, aber für kleine Zeichnungen ist Satin schön.
In Freundschaft und bis bald Félicien Rops
Originalbrief Seite 4
1 „Ce sont les chiens errants qui vont à l’abreuvoir.“ Es sind die streunenden Hunde, die zur Tränke gehen. Zitat aus La Coupe et les Lèvres von Alfred de Musset. Das Zitat wird hin und wieder als Analogie auf die Alkoholsucht gesehen, da Musset selbst ein Trinker war. Allerdings sind die streunenden Hunde im Gedicht tatsächlich die ruh- und rastlosen Herren, die auf ungesunde Art den leichten Mädchen hinterhersteigen, die Rops hier wenig schmeichelhaft als Tränken bezeichnet..
2 Rops meint wahrscheinlich den Karikaturisten und Illustrator George Montbard.
3 Hier macht sich Rops über ungebildete Damen lustig, die die Passage de Choiseul als „passage Soijeul“ und die Rue de Rochechouart als „Rue Rochoir“ aussprechen.
4 An der Adresse 13 Rue Labie steht heute ein Gebäude, das erst 1926 gebaut wurde. Diese Nummer 13 war also vermutlich nicht die Nummer 13 im Jahr 1879. Die Rue Labie ist allerdings relativ kurz und die Karte vermittelt daher zumindest eine ungefähre Lage.
5 Der gesamte letzte Abschnitt bezieht sich auf Rops vorherigen Brief und Picards Antwort auf diesen, die mir nicht vorliegt. Rops experimentiert mit Klappläden und Satin-Vorhängen vor seinen Bildern. Seine skandalumwitterten Bilder wurden öffentlich oft nur auf diese Weise verdeckt ausgestellt. Offenbar, das schließe ich aus Rops Antwort, empfahl Picard ihm, die Klappläden nicht zu vulgarisieren, also nicht anbiedernd an das gemeine Volk zu gestalten. Aber Anbiederei und Popularität lehnte Rops ja ohnehin ab.
Bei dem großartigen kostenlosen Hörspielmagazin Playtaste hat sich schon länger nichts mehr getan. Aus gutem Grund. Die zwei Hauptverantwortlichen, Frank Boldewin und Wolfram Damerius, haben ein Buch über das legendäre Hörspiel-Label Europa geschrieben und waren damit in den letzten Jahren verständlicherweise ausgelastet.
Ein dicker, informativer und unterhaltsamer Schmöcker ist es geworden, in gewohnter Playtaste-Qualität. Das Buch dokumentiert die gesamte Firmengeschichte von den Anfängen in den 1950er Jahren bis heute. Bei der Menge an Material, das die Autoren aus den Archiven von Label und Sammlern zusammengetragen haben, kann einem schon schwindlig werden. Das Buch ist vollgepackt mit Covern, Flyern, Werbematerial, Manuskripten, seltenen Fotos, Zeitungsausschnitten und anderem mehr. Darüber hinaus findet man Informationen und Anekdoten zu und von allen wichtigen Personen und Sprechern. Sogar die Cover-Künstler werden nicht außen vor gelassen.
Das Buch ist eine hübsch nostalgische Fundgrube. Selbst die, die in ihrer Kindheit die Europa-Hörspiele rauf und runter gehört haben, dürften hier noch vieles Ungesehene und Ungehörte entdecken. Das Buch verbildlicht, welchen immensen Output das Label Europa über die Jahrzehnte hatte. Man sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, dass das Buch als Firmenchronik angelegt ist. Inhaltliches und Kritisches zu den Hörspielen findet man kaum.
Wenn ich müsste, könnte ich als Nörgelheini zwei Kritikpunkte anbringen.
Das seltsame Querformat. Ist unpraktisch und unnötig. Das Format hat hier keinen Vorteil und bewirkt nur, dass man das Buch immer irgendwo auflegen muss und es nicht freihändig durchblättern kann.
Das Buch fängt im Jahre 1956 an und endet 400 Seiten später im Jahre 2020 ohne eine einzige strukturelle Trennung. Es gibt weder Kapitel noch Inhaltsverzeichnis. Und leider auch keinen Index. Damit wird das Konzept einer Chronik für meinen Geschmack etwas zu radikal umgesetzt und das Buch ist so eher Durchblätterbuch als Nachschlagewerk, da man Hörspiele, Personen, Themen nicht gezielt finden kann.
Nun denn, das ist das Konzept, für das sich die Autoren entschieden haben und dieses ist zu respektieren. Es ändert letztlich auch nichts an der Qualität des Inhalts. Der Vorbestellerpreis von 24,95€ war ein Schnäppchen. Die nun geforderten 34,95€ sind immer noch sehr fair. Für Hörspielfans, insbesondere für die Nostalgiker, kann ich nur eine Empfehlung aussprechen.
Interessenten sollten sich allerdings ranhalten. Das Buch war ursprünglich exklusiv bei pop.de erhältlich, war dort allerdings schon nach kurzer Zeit nicht mehr lieferbar. Dann erschien Mitte Dezember eine zweite Auflage, aber zurzeit wird das Buch bei pop.de schon wieder als „nicht auf Lager“ gelistet. Bei amazon.de gibt es noch Exemplare für 39,95€ und bei eBay liegt der Preis schon jenseits der 50€. Das Buch dürfte also wohl trotz zweiter Auflage bald ein gesuchtes Sammlerstück sein.
Hörspiel-Autor Ivar Leon Menger hat auf seinem Youtube-Kanal ein Interview mit den beiden Autoren zur Entstehung der Europa-Chronik geführt, das man sich auch gerne mal geben kann.
Nach über zehn Jahren Pause hat das Kraftfuttermischwerk ein neues Album veröffentlicht. Damit lässt sich das neue Jahr entspannt angehen. Sehr schöne Sache und löblicherweise auch unter eine Creative-Commons-Lizenz gestellt. Hören und downloaden kann man das Werk auf Bandcamp. Vinyl gab es auch, war aber ruckzuck ausverkauft. Weitere Informationen findet man im Kraftfuttermischwerk-Blog.
Fast ohne Kosten und Mühen wurde noch ein herrlich lümmeliges Video zum Titeltrack auf den digitalen Speicher gebannt. Ich weiß auch gar nicht, warum wirklich keiner mitmacht. Also, ich mach mit.
Unter dem Pseudonym Rico Remberg schrieb der Journalist Dieter Korp den 450-Seiten-Klopper Sex auf Rädern, der 1970 im PPS-Verlag erschien. Korp arbeitete für die Magazine auto motor und sport und Motor Revue und fungierte bis zu seinem Tod im Jahr 2015 als Hauptautor der erfolgreichen Autoreparatur-Bücherreihe Jetzt helfe ich mir selbst, die seit 1962 kontinuierlich erscheint. Was ihn zu dem reißerischen Sexploitation-Werk Sex auf Rädern brachte, ist mir unbekannt. Aber die Sexwelle der 70er Jahre erfasste ja so manchen seriösen Schreiber.
Der Klappentext macht klar, wo die Ausfahrt hingeht:
Das Auto fördert den Sex. Es erregt durch Vibration, Geräusch und Styling. Es macht Schwache schwächer und Scharfe schärfer. Es verführt und schafft neue Gelegenheiten. Es verlagert das Bett auf die Straße. Dieses Buch – eine völlig neue und alarmierende Dokumentation – stützt sich ausschließlich auf Tatsachen.
Nichts weniger als eine alarmierende Dokumentation wird versprochen. Alarmierend finde ich es ja immer, wenn man mir eine Dokumentation verkaufen will und extra darauf hinweist, dass sie sich ausschließlich auf Tatsachen stützt. Ist das nicht der Sinn einer jeden Dokumentation?
Aus heutiger Sicht überwiegt bei diesem Buch der Cringe-Faktor. Aber wenn man Spaß an den trashigen Zotigkeiten der 70er Jahre hat und sich für die alten Autos interessiert, kommt man hier durchaus auf seine Kosten. Der Anspruch einer Dokumentation geht dem backsteindicken Buch zwischen pseudointellektuellen Bonmots und küchenpsychologischen Weisheiten allerdings recht schnell verloren. Erwartbar werden hier naheliegende Begriffe wie Kolbenhub und Schaltknüppel zur sexuellen Analogie und der Autor wittert hinter jeder Motorvibration und jedem Auspuffknall ein verstecktes Stimulans. Das Auto, des Deutschen liebstes Kind, in Wahrheit also ein einziges Objekt der Verführung und des Lasters.
Mir ist das Buch beim Kauf einer gemischten Bücherkiste in die Hände gefallen. Als ich erkannte, dass in Sammlerkreisen dafür irrwitzige 40 bis 80€ gezahlt werden, habe ich das Buch schnell bei eBay eingestellt. Aber nicht ohne vorher zumindest noch das Bildmaterial einzuscannen. Der Autor hat einige herrliche und herrlich fragwürdige Bilder aus den Archiven zusammengetragen, darunter unveröffentlichtes Werbematerial, das den Autofirmen wohl selbst zu peinlich war. Dazu vermitteln die Bildunterschriften einen guten Eindruck von Duktus und Narrativ des Buchs – als wenn der Klappentext nicht schon genug wäre. Für das Folgende gilt: anschnallen!
Wortspiel Galore
Auch wenns manchmal wehtut, ohne Wortspiele kommt das Buch nicht aus. Sie ziehen sich durch den ganzen Text. Hier geht es los mit „Straßenranderscheinung“ und „Begleit-Erscheinung„. Die These lautet, dass bereits die Enge des Autos die Insassen in erotische Stimmung versetzt. Gemütliche Liegesitze, die früher in der Tat ein populäres Feature waren, tun ihr Übriges. Da ist natürlich auch noch der Vorteil der Mobilität. Gehen wir zu dir oder zu mir? Weder noch!
Science, bitch!
Hier wirds mal kurz wissenschaftlich. Angeblich führte der Reifenhersteller Uniroyal Englebert (wurde 1979 von Continental übernommen) eine Studie durch, die bei den sowohl männlichen wie weiblichen Teilnehmern eine sexuelle Stimulation durch das Autofahren nachwies. Zu der Studie konnte ich leider nichts finden. Aber Uniroyal Englebert scheint damals zu allem möglichen Quatsch Studien in Auftrag gegeben zu haben, daher ist das durchaus glaubhaft. Wie „wissenschaftlich-medizinisch“ die Studie tatsächlich war, bleibt aber fraglich. Die Testpilotin im Bild sieht jedenfalls wenig erregt aus. Im unteren Bild sieht man noch den „hochwirksamen Vibrator“, der in Autos steckt; die Kurbelwelle, das geile Stück blankpolierter Edelstahl.
Gut ausgestattet
Die bereits erwähnten Liegesitze werden hier nochmals gesondert herausgestellt. Zu sehen sind hier Interiors von Renault 16, Simca 1100, Peugeot 504, NSU Ro 80, von dem weiter unten bei der Werbung noch mehr kommt, und Alfa Romeo Giulia Super. Beim Simca 1100 kann man auch „durch die Heckklappe ins Schlafzimmer steigen“. Der NSU erlaubt es hingegen, dass man „seine Fee wie Skier von hinten durch den Kofferraum schieben kann“. Mit Fee meint diese schmeichelnde Analogie natürlich die Angebetete des Fahrzeugbesitzers. Ihr Lächeln auf dem Foto ist auch eindeutiger Beweis, dass sie gar nichts dagegen hat, dass man sie wie Skier von hinten durch den Kofferraum schiebt.
Die Bilder stammen von Paul Botzenhardt, der laut Wikipedia einer der bekanntesten Auto-Fotografen des 20. Jahrhunderts war. Neben Autos fotografierte er auch gerne Frauen und Krieg.
Vavavoom. Endlich nackte Tatsachen. Zu meiner Überraschung war auch 1970 die Sicherheit beim Autofahren schon ein Thema. Rico Remberg fabuliert etwas mysteriös, dass der Gurt neben der engen Bindung zum Auto auch noch mehr gestattet. Ja, was denn? Ach so, da steht ja „Keuschheitsgürtel“, hohoho. Ernster geht es rechts auf dem Bild zu. Hosenträgergurte mit Nerzfell kosten immerhin 900 Mark, was damals fast einem durchschnittlichen Monatslohn entsprach.
Phalli und Vulven
Dieses Buch kann natürlich unmöglich ohne Phallus- und Vagina-Symbolik auskommen. Schaltknüppel, Kühlergrill, Karosserie, alles erinnert an Geschlechtsteile und Körperformen. Während der Autor des Buchs hier noch erfreut darüber ist, dass der Schaltknüppel immer sportlicher und kräftiger wird, ist der Schalthebel heute wohl eher ein Auslaufmodell. Mittlerweile fährt fast die Hälfte aller Autos mit Automatikgetriebe. Die besitzen zwar auch einen Wählhebel, aber an dem wird gewöhnlich nicht so viel rumgerührt wie bei manuellen Schaltgetrieben. Bei zunehmender E-Mobilität wird der Schalthebel über kurz oder lang wohl gänzlich verschwinden.
Gerücht: Dass der Schalthebel ein echter Phallus ist, kann angeblich durch Videos auf pornhub.com nachgewiesen werden. Hat mir mal jemand erzählt, der jemanden kennt, der da schon mal was gesehen haben will.
Links unten wird über den vaginalen Kühlergrill des Ford Edsel berichtet. Tatsächlich fühlten sich wohl einige Zeitgenossen hierbei an das weibliche Geschlechtsteil erinnert. Aber das Buch suggeriert, dass die Produktion aus diesem Grund eingestellt werden musste. Laut Wikipedia war der Wagen allerdings hauptsächlich wegen des hohen Preises und der vielen technischen Mängel ein Misserfolg. Links oben ist noch der „aufpulvernde, hart gefederte und äußerst aggressiv wirkende“BMW 507 zu sehen. Habe ich nichts gegen einzuwenden. War ein schönes Auto. Und „aufpulvern“ schreibe ich mir ins Wörterbuch.
Im rechten Bild werden die Vergleiche etwas bemühter. Dass die Karosserien von Corvette Stingray und Opel GT irgendwie etwas Weibliches haben, wegen geschwungener Form und so, na ja. Aber wenn mein Penis nach Ford Mustang oder Ford Capri aussähe, würde ich zum Arzt gehen.
Feuerstühle und Kinofilme
Das Buch heißt Sex auf Rädern und nicht Sex im Auto. Daher ergibt es Sinn, dass der Autor auch dem Motorrad ein Kapitel widmet. Links eine Anzeige für die BSA Rocket 3 (von der ich noch eine höher aufgelöste Farbversion gefunden habe) und das Buch-Cover zu Das Motorrad von André Pieyre de Mandiargues, hier ohne Titelnennung nur lapidar als „Schutzumschlag eines Buches“ bezeichnet. Die Verfilmung mit Alain Delon und Marianne Faithfull, in Deutschland als Nackt unter Leder bekannt, sorgte für einigen Wirbel. Der Film kam aber erst 1969 ins deutsche Kino, was vermutlich der Grund ist, warum man dazu nichts im Buch findet. Der Film hätte thematisch vortrefflich gepasst. Hier der englische Trailer:
Auf der rechten Seite kommt immerhin Brigitte Bardot zum Zuge. „Was sie empfindet, flötet sie auf einer Schallplatte: Wenn ich auf dem Sattel sitze, steigt mir beim Rattern der Maschine Lust in die Lenden.“. Stimmt, dichtete Serge Gainsbourg und ließ Brigitte auf die Harley steigen. Zu dem Song gibt es auch ein schönes Video für das Scopitone.
Es finden neben dem unvermeidlichen Autokino („Leinwandfreuden und legitimierte erotische Bastelstunden“, häh?) noch ein paar kuriose und obskure Filme Erwähnung, die nichts mit Autos zu tun haben, außer dass in irgendeiner Szene mal eines auftaucht.
Links unten ein Bild aus Spielst Du mit schrägen Vögeln, in dem Margarethe von Trotta einen frühen Auftritt hat. Mitte oben ein Bild aus Die goldene Pille, ein Aufklärungsfilm von 1968, der momentan verschollen ist. Ich kenne auch niemanden, der den schon mal gesehen hat. Mitte unten ein Film, den ich nicht zuordnen kann. Laut Bildunterschrift hielt eine versteckte Kamera die Szene für den Film „Feigenblatt“ fest.
Bei der Recherche bin ich noch auf den Film Die Auto-Nummer – Sex auf Rädern von 1972 gestoßen, der zwar ein ähnliches Thema bearbeitet, mit dem Buch aber offenkundig keine direkte Verbindung hat. Alleine wegen Rolf Eden als Motorradpfarrer sollte man sich diesen Film vielleicht mal auf die Watchlist setzen.
Ausgezogen bis aufs Hemd und darüber hinaus – Die Werbung
Wie schon angemerkt, hat der Autor eine ganze Reihe von Werbefotos gesammelt, die vorher unveröffentlicht waren und in vielen Fällen wohl auch nirgends sonst mehr auftauchten. Ein Kommentar zu einzelnen Bildern erübrigt sich. Es ist immer das gleiche Prinzip. Mehr oder weniger bekleidete Frauen räkeln sich auf, an oder um Autos herum und Rico Remberg gibt mehr oder weniger schlüpfrige Anmerkungen zum Besten, die sich ohne ein Gefühl des Fremdschämens kaum lesen lassen. Seine besten Wortschöpfungen beinhalten: Stern-Stunden (wegen Mercedes), Schlängelkurven, Zündwilligkeit, Hemdenmatz, Wohlstandshügel, Zuchtperlen (aua), Haubenlerchen (also, das ist lustig), Puppenfänger (klingt eher nach Serienkiller) und Ehestandslokomotive.
Wem es bisher für ein solches Buch nicht sexistisch genug zuging, der darf sich nun hier durchklicken.
Neben Ford Capri gibt es hier nochmal den NSU Ro 80 zu sehen sowie den lustigen Citroën Ami 6, den Porsche 914, den VW Käfer und noch irgendwas von Ford und Opel. Dies sei nur noch der Vollständigkeit halber erwähnt. Und nun: auf zu den Profis.
Rennsport
Links: „Rennbienen, die nicht nur Honig lecken“ und eine „Mitarbeiterin, die Leistungskurven demonstriert“. Außerdem ist als seltene Ausnahme eine Beifahrerin in einem Renngespann zu sehen. Oben auf der rechten Seite versucht Rennfahrer Jack Brabham Pinup-Model June Wilkinson ausschließlich in die Augen zu schauen. Mir unbekannt ist der Fahrer auf dem rechten unteren Bild, der von zwei „Rennmiezen“ oben ohne beglückwünscht wird.
Kurze Röcke und Lustgeräusche. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Hier die wahrscheinlich schönsten und ehrlichsten Worte, die im gesamten Buch zu lesen sind.
Der Mensch ist hinter Rennhelm, Gasmaske und feuersicherem Anzug verschwunden. Es wurde ein herrliches Ungeheuer geboren, das den genießenden Zuschauer so wohlig darüber im Zweifel lässt, ob er pervers oder irre ist oder nur spinnt.
Vielleicht könnte man Ähnliches auch über den Leser dieses Buchs sagen. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, worin der Unterschied zwischen irre sein und spinnen liegt.
Mobiles Horizontalgewerbe
Als Rausschmeißer tischt Rico Remberg ein armseliges Kapitel über Prostitution auf. Wortspielerisch wird es auch langsam dünn. Links im Bild ist doch tatsächlich die Rede von „Auto-Strichinen“. Außerdem scheint mir der eigene Mercedes als ersehntes Ziel der Prostituierten zu sehr vom Fall Rosemarie Nitribitt inspiriert zu sein, als dass man daraus eine Allgemeinbehauptung machen könnte. Auf dem rechten Bild lernt der Leser noch, dass „das Geschäft der Pimperliesen im Auto abseits der Straße abgewickelt wird. Im Sommer im Gras“.
Das wars dann auch. Genug Asphalt-Poesie. Abgesehen von schlechten Kalauern gab es immerhin auch ein paar schöne Fotos von alten Autos. Ob das Buch damals ein Verkaufsschlager war, kann ich nicht mehr nachprüfen. Ich bezweifel es. In der Zeit Nr. 14 von 1970 erschien eine Rezension (zugänglich nach Registrierung), die fast schon zu wohlwollend klingt. Der Rezensent stört sich an der mangelnden Wissenschaftlichkeit, attestiert dem Buch „flott geschrieben [zu sein], oft feuilletonistisch geschliffen, aber auch allzu stark gemixt mit jenem Jargon, den flotte Werbetexter oder Kolportage-Reporter vorrätig haben“. Allzuoft verließe Remberg die Position des Chronisten und werde zum schnoddrigen Plauderer, so der Rezensent weiter. Außerdem: „Autofahrer werden offenbar mit kühlem Kalkül manipuliert. Um des Busineß willen zielen Produzenten und Verkäufer mit unterschwelligen Tricks salvenweise unter die Gürtellinie von Herrn oder Frau Jedermann“. Sieh mal an. In dieser Hinsicht hat sich in den letzten 50 Jahren kaum etwas geändert. Zwar ist die Werbung nicht mehr so plakativ sexualisiert, aber unterschwellige Tricks, die gibt es immer noch zur Genüge.
Jon und Al Kaplan alias legolambs, die so schöne Sachen wie Conan the Barbarian: The Musical und Liam Neeson: The Musical gemacht haben, erwecken einen Deep-Fake-Schwarzenegger zum Leben, der mit viel Knowhow und Enthusiasmus den Predator-Score von Alan Silvestri analysiert. Recht hat er, der Soundtrack ist aus gutem Grund ein Klassiker.
Als Kind sammelte ich Briefmarken. Ich hatte sogar eine Zeit lang ein Abo für Ersttagsbriefe von der deutschen Post, um das mich einige beneideten. Irgendwann kam ich allerdings in ein Alter, in dem Briefmarken langsam uncool wurden und ich mich lieber interessanteren Dingen zuwendete.
Ich habe zwar nicht vor, mit dem Sammeln wieder anzufangen, aber kürzlich habe ich auf eBay ein paar schöne Briefmarken-Sets entdeckt, die meinem Interesse an Tee und Teekannen entgegenkommen. Da der chinesische Händler nur ein paar Euro haben wollte, konnte ich nicht nein sagen.
Als erstes haben wir hier zwei unterschiedliche Ersttagsbriefe vom 5. Mai 1994 mit den gleichen Briefmarken, die Zisha-Teekannen aus Yixing zeigen. Der erste Brief ist mit einem Teekannen-Motiv abgestempelt, der zweite mit einem Gaiwan-Motiv. Bei den Teekannen handelt es sich um eine dreibeinige runde Kanne aus der Ming-Dynastie (1368 bis 1644), eine vierbeinige eckige und eine bambusartige aus der Qing-Dynastie (1644 bis 1911) sowie eine moderne Variante, wie sie seit einigen Jahrzehnten existiert.
Mit diesen Briefmarken hat das chinesische Postministerium die Teekannen aus Zisha-Ton als wesentlichen Teil der Kunst und Teekultur Chinas geehrt.
Schließlich noch ein Briefmarkenblock, bei dem ich etwas recherchieren musste, um herauszufinden, was er zeigt. Es handelt sich um Teekannen, die von verschiedenen Töpfern in Zusammenarbeit mit dem berühmten Künstler Han Meilin (der Herr im Bild) in den 1980er Jahren entstanden sind. Solche Teekannen erzielen heute irrsinnige Preise.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht und die Namen der Töpfer zwecks Suchbarkeit transkribiert.